Os­ter­hoff­nung

Os­ter­hoff­nung

Es ist Os­tern. Wir Chris­ten fei­ern, dass Leid und Elend nicht ge­siegt ha­ben und dem Tod das letz­te al­les be­stim­men­de Wort ge­nom­men wur­de. Wir fei­ern, dass Je­sus Chris­tus von den To­ten auf­er­weckt wor­den ist. Des­we­gen dür­fen wir Hoff­nung ha­ben, dass auch nach un­se­rem Ster­ben noch et­was zu er­war­ten ist. Ich bin über­zeugt von der Wahr­heit die­ser Bot­schaft, weil ich den Men­schen traue, die ih­ren Glau­ben für alle Ge­ne­ra­tio­nen zu­gäng­lich in der Bi­bel be­zeugt ha­ben. So ver­kün­det Pau­lus: 

 

„Lie­be Brü­der und Schwes­tern! Ich möch­te euch an die ret­ten­de Bot­schaft er­in­nern, die ich euch ver­kün­det habe. Ihr habt sie an­ge­nom­men und dar­auf euer Le­ben ge­grün­det. (…) Chris­tus wur­de be­gra­ben und am drit­ten Tag vom Tod auf­er­weckt, wie es in der Hei­li­gen Schrift vor­aus­ge­sagt ist. Er hat sich zu­erst Pe­trus ge­zeigt und spä­ter al­len aus dem engs­ten Kreis der Jün­ger. Dann ha­ben ihn mehr als fünf­hun­dert Brü­der und Schwes­tern zur glei­chen Zeit ge­se­hen, von de­nen die meis­ten heu­te noch le­ben; (…) Spä­ter ist er Ja­ko­bus und schließ­lich al­len Apos­teln er­schie­nen. Zu­letzt hat er sich auch mir ge­zeigt, der ich es am we­nigs­ten ver­dient hat­te.“ (1Kor 15) 

 

Ich glau­be an die Auf­er­ste­hung der To­ten und zu­gleich ken­ne ich den Zwei­fel im Kel­ler mei­ner See­le. Ich stei­ge manch­mal hin­un­ter und schaue, was er so macht – der Zwei­fel. Im­mer wie­der grinst er mich dann an und fragt, wie sinn­voll das ei­gent­lich ist, was ich glau­be. Er arg­wöhnt, wor­an ich fest­hal­te sei Heu­che­lei. Tot ist tot. Fer­tig. Es sei ja schließ­lich noch kei­ner zu­rück­ge­kom­men von de­nen, die ich be­reits in die­sem Le­ben habe ge­hen las­sen müs­sen. Aus ei­ge­ner Er­fah­rung ken­ne ich die Auf­er­ste­hung eh nicht.  

 

Lüge ich mir et­was vor? Das möch­te ich un­ter kei­nen Um­stän­den. Ich möch­te wahr­haf­tig blei­ben in mei­nem Glau­ben und in mei­nem Be­ruf.  

Es stimmt: Wir ha­ben kei­ne Fak­ten dar­über, was nach dem Tod kommt. Vie­le schei­nen et­was zu wis­sen, aber Be­wei­se gibt es kei­ne. Dass wir nach und nach zer­fal­len, wenn un­ser Leib in die Erde ge­legt wird, ist eine rea­lis­ti­sche Mög­lich­keit. Viel­leicht ist es so, muss der Ver­stand sa­gen. Die Tat­sa­che, dass wir die Welt mit na­tur­wis­sen­schaft­li­chen Me­tho­den be­schrei­ben und er­fas­sen kön­nen, heißt aber nicht, dass die Welt nur aus dem be­steht, was die Na­tur­wis­sen­schaf­ten auch er­klä­ren kön­nen.  

Dass wir in ir­gend­ei­ner Form wei­ter­le­ben, dass sich zum Bei­spiel un­ser Be­wusst­sein vom sterb­li­chen Leib löst und in an­de­re Di­men­sio­nen geht, wie un­zäh­li­ge Nah­tod­erfah­run­gen be­rich­ten, ist eben­so eine zu­min­dest be­gründ­ba­re Mög­lich­keit: Viel­leicht ist es so.  

Die Wahl, wem ich Glau­ben schen­ke, wel­che Ar­gu­men­te mich über­zeu­gen, liegt bei mir. Ich will die Hoff­nung im Her­zen be­wah­ren, dass es eine an­de­re Sei­te des Le­bens gibt, wo Gott auf mich war­tet. Ich will dar­auf mein Le­ben set­zen, wie es schon vie­le vor mir ge­tan ha­ben. Den­noch bleibt der Zwei­fel dar­an und ich wer­de de­fi­ni­tiv ein we­nig über­rascht sein, wenn sich zeigt, dass es stimmt, was man sich über den Him­mel und das Le­ben nach dem Tod er­zählt. 

 

Mu­sik: Gou­de – Aux So­li­tu­des: L’in­tran­quil­li­té 

 

Da sind also Zwei­fel im Kel­ler, da ist Hoff­nung im Her­zen und da sind Ab­wä­gun­gen, wie sinn­voll es ist, zu glau­ben, was wir an Os­tern fei­ern: Der Tod be­hält nicht das letz­te Wort, es gibt noch et­was zu er­war­ten. 

Ich ken­ne die Auf­er­ste­hung nicht aus ei­ge­ner Er­fah­rung. Aber ken­nen die­je­ni­gen, die die Auf­er­ste­hung leug­nen und als Hirn­ge­spinst ab­tun, ken­nen sie das Nichts nach dem Tod aus ei­ge­ner Er­fah­rung? Ha­ben sie die bes­se­ren Kar­ten in der Hand? Ich mei­ne in al­len gro­ßen Fra­gen des Le­bens kann ei­gent­lich nie ein Mensch sa­gen: „ich weiß“, son­dern ei­gent­lich im­mer nur: „ich glau­be, zu wis­sen“. 

Die Jour­na­lis­tin­nen Clau­dia Toll und Iris Schür­mann-Mock ha­ben ver­schie­de­ne Men­schen ge­fragt:  Was ma­chen Sie, wenn Sie tot sind? Ein paar der Ant­wor­ten hö­ren wir heu­te Mor­gen, zum Bei­spiel die von Juli Zeh, Schrift­stel­le­rin und Ju­ris­tin. Sie sagt: 

 

„Für mich gibt es kein Le­ben nach dem Tod, und an die­ser Über­zeu­gung wird kei­ne Er­fah­rung ir­gend­et­was än­dern, glau­be ich. (…) Der Mensch ver­schwin­det im Mo­ment sei­nes To­des, es bleibt nichts üb­rig au­ßer ei­nem to­ten Kör­per. Mir fällt es schwer, auch nur zu be­grei­fen, dass es Men­schen gibt, die das an­ders se­hen. Ich ver­däch­ti­ge Men­schen, die an ein Jen­seits glau­ben, schnell der emo­tio­na­len Schwä­che.« 

 

Mich wür­de in­ter­es­sie­ren: Wie se­hen Sie das? Was ant­wor­ten Sie auf die Fra­ge: Was ma­che ich, wenn ich tot bin? Si­cher hängt eine Ant­wort dar­auf von ver­schie­de­nen Din­gen ab: wie ich groß ge­wor­den bin, in wel­cher Fa­mi­lie und mit wel­chen Über­zeu­gun­gen. Sie hängt ab von den Er­fah­run­gen im Lau­fe mei­nes Le­bens, von Schick­sals­schlä­gen, Her­aus­for­de­run­gen, auch von ge­won­ne­nen Er­kennt­nis­sen. 

 

Mu­sik: Gou­de – Aux So­li­tu­des: Là où les mots nous lais­sent  

 

Ein To­ter soll in ein ganz neu­es Da­sein auf­er­weckt wor­den sein, in eine an­de­re Di­men­si­on? Das über­steigt tat­säch­lich die mensch­li­che Vor­stel­lungs­kraft. Wir kön­nen uns aber vor­stel­len, wie es ist, wenn es die Auf­er­ste­hung nicht gibt. Ist das wirk­lich die sym­pa­thi­sche­re, die mensch­li­che­re, die sinn­vol­le­re Va­ri­an­te? Wenn am Tod nicht ge­rüt­telt und ge­schüt­telt wer­den kann, dann ist un­se­re End­sta­ti­on eben das dunk­le Loch un­se­rer Grä­ber. Wir die­nen nur noch dem Re­cy­cling, um der Erde zu­ge­führt zu wer­den. 

Da­ge­gen bleibt bis heu­te im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes, ein Stein des An­sto­ßes üb­rig: das lee­re Grab! Jesu Grab ist bis heu­te leer. Wenn man nach Je­ru­sa­lem fährt, wird man auch heu­te kei­nen Kör­per in dem Grab fin­den. Al­les an­de­re hät­te eine Ent­wick­lung des Chris­ten­tums auch gar nicht zu ge­las­sen. Stel­len Sie sich das vor. Die Jün­ger lau­fen freu­de­strah­lend durch die Ge­gend und ver­kün­den: Je­sus ist auf­er­stan­den. Dann ge­hen die Ju­den zum Grab und sa­gen: Leu­te, kommt mal schau­en. Hier liegt er noch drin.  

Mag es auch noch so vie­le Theo­rien zur Er­klä­rung des lee­ren Gra­bes ge­ben, die nicht auf die Auf­er­ste­hung hin­aus­lau­fen. Auch hier bleibt dem Ver­stand nur üb­rig, zwi­schen zwei be­grün­de­ten und sinn­vol­len ‚Viel­leicht‘ zu wäh­len. Ei­ner, der die­se Wahl traf, ist Pau­lus, der pro­fes­sio­nel­le Chris­ten­ver­fol­ger. Mit Blick auf sei­ne Per­son, sei­nen Le­bens­weg und sein En­ga­ge­ment bleibt zu fra­gen, was brach­te ihn dazu, solch eine Kehrt­wen­de hin­zu­le­gen. Was muss­te die­sem zu­nächst über­zeug­ten Chris­ten­has­ser pas­siert sein, dass er zum Er­folgs­pre­di­ger und Mis­sio­nar für die Sa­che Jesu wur­de. Reicht es aus, das al­les nur auf eine Hal­lu­zi­na­ti­on zu­rück­zu­füh­ren, die ihn auf dem Weg nach Da­mas­kus er­eil­te, als er vom Pferd fiel und die Stim­me Jesu hör­te? Reicht so ein mög­li­cher­wei­se Tag­traum aus, sei­ne Über­zeu­gung zu er­klä­ren, die­ser Je­sus ist wirk­lich auf­er­stan­den?  

Je­den­falls blieb Pau­lus rea­lis­tisch und prag­ma­tisch zu­gleich, wenn er fest­hält: 

 

Wie kön­nen ei­ni­ge von euch be­haup­ten: »Eine Auf­er­ste­hung der To­ten gibt es nicht!«? Wenn es kei­ne Auf­er­ste­hung der To­ten gibt, dann kann ja auch Chris­tus nicht auf­er­stan­den sein. Wäre aber Chris­tus nicht auf­er­stan­den, so hät­te un­se­re gan­ze Pre­digt kei­nen Sinn, und euer Glau­be hät­te kei­ne Grund­la­ge. Mit Recht könn­te man uns dann vor­wer­fen, wir sei­en Lüg­ner und kei­ne Zeu­gen Got­tes. (…) Tat­säch­lich aber ist Chris­tus als Ers­ter von den To­ten auf­er­stan­den. So kön­nen wir si­cher sein, dass auch die üb­ri­gen To­ten auf­er­weckt wer­den. (1Kor 15) 

 

In we­ni­gen Sät­zen schil­dert Pau­lus die Kon­se­quen­zen, was wäre, wenn die Auf­er­ste­hung Jesu nicht pas­siert ist. Es sind de­pri­mie­ren­de Aus­sich­ten: Pre­digt ver­geb­lich, Glau­ben nichts wert, Ver­stor­be­ne ver­lo­ren, elen­des Christ­sein. In ei­nem ein­zi­gen Satz be­kennt Pau­lus dann sei­nen Glau­ben: „Tat­säch­lich aber ist Chris­tus als Ers­ter von den To­ten auf­er­stan­den.“ Er be­grün­det nicht. Er er­läu­tert nicht. Er stellt ein­fach nur fest. 

Spä­ter wird er noch prag­ma­tisch an­fü­gen: Glaubt ihr denn al­len Erns­tes, ich hät­te mich auf mei­nen Mis­si­ons­rei­sen in so viel Le­bens­ge­fahr be­ge­ben, wenn es da kei­ne be­grün­de­te Hoff­nung auf die Auf­er­ste­hung von den To­ten gäbe?   

 

Mu­sik: Gou­de – Aux So­li­tu­des: L’hom­me dé­va­sté 

 

So sim­pel das klingt, rich­tig be­grei­fen und fas­sen kann man es nicht, letzt­gül­tig be­wei­sen so­wie­so nicht. An die Auf­er­ste­hung Jesu Chris­ti kann man nur glau­ben. Glau­ben, dass sie an­ders war, als al­les, was Men­schen den­ken kön­nen. Und un­se­re ei­ge­ne Auf­er­ste­hung wird eben­falls an­ders sein als al­les, was wir den­ken kön­nen. Die De­tails schei­nen den bi­bli­schen Zeu­gen nicht so wich­tig. Wich­tig ist: Chris­tus ist auf­er­stan­den und nicht nur sei­ne Idee. Sein Geist lebt in un­se­ren Her­zen und Hän­den. Ja, auch das stimmt. Aber es geht eben doch um noch viel mehr. Er lebt, un­ab­hän­gig von uns und nicht nur im Dies­seits. 

Ein Pro­blem bleibt trotz­dem: Wenn wir von der Auf­er­ste­hung jen­seits un­se­rer er­fahr­ba­ren Welt re­den, kön­nen wir es doch nur mit Wor­ten un­se­rer Welt. So stellt es Ju­li­an Dra­ke fest, der in dem Buch von Scholl und Schür­mann-Mock for­mu­liert:  

 

„Manch­mal fra­ge ich mich schon: Was kommt nach dem Tod? Nichts? Oder et­was Himm­li­sches? Viel­leicht ist es ja doch so, wie man es sich im Chris­ten­tum vor­stellt, Ster­ben heißt: in den Him­mel kom­men. (…) Bei al­lem, was wir uns vor­stel­len, ge­hen wir ja doch von dem aus, was wir aus un­se­rer Welt ken­nen und wis­sen. Und wenn ich dar­an an­knüp­fe, fin­de ich, dass die Vor­stel­lung vom Jen­seits etwa aus na­tur­wis­sen­schaft­li­cher Sicht erst ein­mal schwie­rig ist. Wie soll ein Über­gang in das Jen­seits kon­kret funk­tio­nie­ren? Aber auch in der Phy­sik tre­ten ja Din­ge auf, die man sich nicht rich­tig er­klä­ren kann. So gibt es die Ur­knall­theo­rie (…) oder auch die Idee, dass Par­al­lel­uni­ver­sen exis­tie­ren, über­steigt das mensch­li­che Vorstellungsvermögen. (…)
Und das, was nach dem Tod kommt, über­steigt al­les, was wir uns vor­stel­len kön­nen. Al­les, was dar­über er­zählt wird, kommt aus un­se­rer Welt. (…) Es könn­te so an­ders sein, dass wir es uns gar nicht vor­stel­len kön­nen.“ 

 

Mu­sik: Gou­de – Rock de chambre: Vies ac­ti­ves / Vie fictive 

 

Wenn es um die Sinn­haf­tig­keit von Os­tern und den Glau­ben an die Auf­er­ste­hung geht, dann ver­bin­de ich da­mit auch die Fra­ge, was uns mehr nützt. Was hilft mir bes­ser zu le­ben, der Zwei­fel, mit dem Tod sei al­les aus, oder die Hoff­nung auf Auf­er­ste­hung? Ja, ich fin­de es völ­lig in Ord­nung, die we­ni­ger wich­ti­ge Fra­ge zu stel­len: „was nützt?“, weil die wich­ti­ge­re Fra­ge un­be­ant­wort­bar bleibt, näm­lich: „Was ist nun wahr und wie wird es wirk­lich sein?“  

Wir könn­ten zwar sa­gen: Die Ant­wort ist egal, wir wer­den es am Ende er­le­ben. Aber ganz egal ist es eben nicht. Denn, was ich über den Tod den­ke und über das Da­nach, das be­ein­flusst mein Le­ben hier und jetzt. Diet­rich Bon­hoef­fer, da­mals 38 Jah­re alt und von den Na­zis ver­haf­tet, hat 1944 im Ge­fäng­nis dazu ge­schrie­ben: 

 

„Wo er­kannt wird, dass die Macht des To­des ge­bro­chen ist, dort ver­langt man vom Le­ben kei­ne Ewig­kei­ten, dort nimmt man vom Le­ben, was es gibt, nicht al­les oder nichts, son­dern Gu­tes oder Bö­ses, Wich­ti­ges und Un­wich­ti­ges, Freu­de und Schmerz, dort hält man das Le­ben nicht krampf­haft fest, aber man wirft es auch nicht leicht­sin­nig fort, dort be­gnügt man sich mit der be­mes­se­nen Zeit und spricht ir­di­schen Din­gen nicht Ewig­kei­ten zu, dort lässt man dem Tod das be­grenz­te Recht, das er noch hat. Den neu­en Men­schen und die neue Welt aber er­war­tet man al­lein von jen­seits des To­des her, von der Macht, die den Tod über­wun­den hat.“ 

 

Wenn wir uns stän­dig vor Au­gen hal­ten „Mit dem Tod ist al­les aus“, wer­den wir zu gie­ri­gen Men­schen. Der Tod stellt sich so mäch­tig vor uns auf. Er will al­les be­herr­schen mit dem Ar­gu­ment: Du lebst nur ein­mal. Nach mir kommt nichts. Und was du nicht hier ge­habt, er­gat­tert, er­hascht, ver­schlun­gen, er­lebt, er­fühlt, ge­hor­tet, er­fah­ren und be­reist hast, wird dir im­mer ver­lo­ren blei­ben. Das klingt voll­kom­men ein­leuch­tend. Es ist das To­des­ar­gu­ment. Der Tod ist ver­füh­re­risch in sei­nen Ar­gu­men­ten.  Selbst die ein­gangs zi­tier­te Schrift­stel­le­rin Juli Zeh, die ein Le­ben nach dem Tode ab­lehnt, weiß um die er­schöp­fen­den Kon­se­quen­zen: 

 

»Wer so sehr im Dies­seits ver­an­kert ist, muss stän­dig auf­pas­sen, nicht zum Ego­zen­tri­ker zu wer­den. Er muss alle Kraft, alle Re­geln, Über­zeu­gun­gen, selbst Mo­ral aus sich selbst schöp­fen, aus sei­ner Bio­gra­fie, sei­nen Er­fah­run­gen und Wün­schen. Das fin­de ich an­stren­gend, aber es ist für mich der ein­zi­ge Weg. Ich habe eine so star­ke Ver­an­la­gung zum Skep­ti­zis­mus, dass ich un­fä­hig bin, an ir­gend­et­was Über­na­tür­li­ches zu glau­ben. 

Der ein­zi­ge Sinn, den das Le­ben ha­ben kann, folgt aus der Tat­sa­che, dass wir am Le­ben sind und aus rät­sel­haf­ten Grün­den auf kei­nen Fall ster­ben wol­len. Ge­nau­so gut könn­te ich sa­gen: Das Le­ben hat kei­nen Sinn. Ein Ge­fühl von Sinn kann nur in Mo­men­ten ge­bo­ren wer­den, wenn es uns ge­lingt, in­ten­siv am Le­ben und des­halb glück­lich zu sein. Im Rest der Zeit emp­fin­de ich es als müh­sam, mich im­mer wie­der zu mo­ti­vie­ren und den Le­bens­mut nicht sin­ken zu las­sen. Min­des­tens ein­mal am Tag muss ich mich streng er­mah­nen: Hör auf zu ha­dern, sei nicht weh­lei­dig freu dich, dass du da bist (…).« 

 

Mu­sik: Gou­de – Rock de chambre: Lie­ber Hans 

 

Wir dro­hen zy­nisch zu wer­den und las­sen bald nichts mehr gel­ten, was nicht mit Geld zu kau­fen ist. Wir wer­den de­pres­siv und mür­risch, wenn wir ins Al­ter kom­men und er­le­ben, wie al­les ab­nimmt, was uns am Le­ben Freu­de macht.  

Wenn wir uns aber für die Hoff­nung ent­schei­den und die Vor­freu­de ein­trai­nie­ren auf die Be­geg­nung mit un­se­rem Gott, so kann das un­ser Le­ben be­flü­geln. Weil wir an­neh­men, das Schöns­te kom­me noch, kön­nen wir auf die­ser Erde auch ver­zich­ten und die Schöp­fung be­wah­ren für kom­men­de Ge­ne­ra­tio­nen. Wir kön­nen uns an geis­ti­gen Wer­ten aus­rich­ten, weil wir wis­sen: Wir wer­den ein­mal da­nach be­ur­teilt, ob wir die Lie­be ge­lebt ha­ben. Und wenn die ir­di­schen Freu­den ab­neh­men, er­war­ten wir die kom­men­den. So­mit ist es ver­nünf­ti­ger, die Hoff­nung zu pfle­gen. Wir ver­drän­gen den Zwei­fel nicht. Wir wis­sen durch­aus um das an­de­re „Viel­leicht“.  

So schreibt der Be­ne­dik­ti­ner­mönch Wil­li­ges Jä­ger: 

 

»Vor ei­ni­ger Zeit war ich in ei­nem Kur­haus. Dort hing ein Pla­kat mit der Auf­schrift: ‚Der Tod ist das Ende, die Trau­er be­ginnt.‘  Zwei Tage lang sah ich mir das an. Dann schrieb ich dar­un­ter: ‚Der Tod ist ein Neu­be­ginn, die Trau­er en­det.‘ (…) Der Tod ist ein Auf­ge­ben, er ist nicht das Ende. Er ist An­fang ei­ner neu­en Exis­tenz. So schrieb mir jetzt eine Frau, die im Ster­ben lag: ‚Der Tod ist für mich der Kuss Got­tes, der mich auf­weckt zu neu­em Le­ben.‘ Ich möch­te den Men­schen ein po­si­ti­ves Bild von ih­rem Le­ben, aber auch von ih­rem Ster­ben ge­ben. Ich hof­fe, dass wir als Mensch­heit ein­mal so weit kom­men, dass wir un­se­ren Tod fei­ern, wie wir eine Ge­burt fei­ern, weil wir ah­nen, es geht wei­ter, es kommt et­was ganz Neu­es und Grö­ße­res. (…) Die­ses Le­ben gibt mir kei­ne Un­sterb­lich­keit, und ich möch­te als die­ser Mensch auch nicht un­sterb­lich sein.« 

 

Wer sich nicht öff­nen möch­te (kon­kre­ter, viel­leicht im Zu­sam­men­hang mit oben „Auf Be­geg­nung mit Gott vor­be­rei­ten“), wird nie ver­ste­hen, wo­von die Chris­ten re­den. Er wird uns im­mer leicht nach­wei­sen kön­nen, dass al­les, was wir glau­ben, nicht nur die Auf­er­ste­hung Jesu, sa­gen wir es ge­lin­de: zwei­fel­haft ist. Ja, tat­säch­lich, das ist es! 

Glau­be ist im­mer zwei­fel­haft. An­dern­falls wäre er in un­se­ren Men­schen­hir­nen und Men­schen­her­zen selbst­ge­macht. Und wir wür­den seit 2000 Jah­ren dar­an ar­bei­ten ihn end­lich was­ser­dicht hin­zu­be­kom­men, wir wür­den an ihm ‚her­um­ver­bes­sern‘ um auch noch den Letz­ten noch zu über­zeu­gen. 

Was aber wäre, wenn sich her­aus­stel­len soll­te, dass der Zwei­fel im Kel­ler Recht ge­habt hät­te? Wenn mit dem Tode al­les aus sein soll­te? Dann hät­te ich wohl mit ei­ner Il­lu­si­on ge­lebt. Da­für bin ich über­zeugt, ich hät­te bes­ser ge­lebt. Es ist ein­fach schö­ner, am Mor­gen mit Zu­ver­sicht und Hoff­nung auf­zu­ste­hen! 

Der Ge­dan­ken­gang, den ich Ih­nen hier vor­ge­rech­net habe, hat ei­nen be­rühm­ten Na­men. Er heißt „Die Wet­te Pas­cals“. Es ist das be­rühm­te Ar­gu­ment des Ma­the­ma­ti­kers Blai­se Pas­cal für den Glau­ben an Gott. Pas­cal ar­gu­men­tiert, es sei stets eine bes­se­re „Wet­te“, an Gott zu glau­ben, weil der Er­war­tungs­wert des Ge­winns, der durch den Glau­ben an Gott er­reicht wer­den könn­te, stets grö­ßer sei als der Er­war­tungs­wert im Fal­le des Un­glau­bens. 

Dar­um feie­re ich auch in die­sem Co­ro­na Jahr mit Über­zeu­gung Os­tern. Mit dem ver­trau­ens­wür­di­gen Zeug­nis der Hei­li­gen Schrift, mit der Bot­schaft von Je­sus Chris­tus und mit gu­ter Mu­sik stär­ken wir ein­an­der die Hoff­nung auf et­was Wun­der­schö­nes, das uns hin­ter dem Tor des To­des er­war­tet, weil wir Chris­ten das für sehr sinn­voll hal­ten.  

 

Mu­sik: Gou­de – Aux so­li­tu­des: La di­ver­ti se ment