Für mich ist dieses Evangelium (Mt 18,15−20) eine Anleitung zur produktiven Konfliktbewältigung. Es gibt Verletzungen, die heilen müssen und angegangen werden wollen. Solche Situationen widerfahren uns allen früher oder später. Sie haben z.B. jemanden etwas anvertraut und innerhalb von 24 Stunden wissen Menschen davon, die es nicht sollten. Die Vertrauensperson hat es ausgeplaudert! Ich fühle mich bloßgestellt und zutiefst verletzt.
So verständlich der Wunsch auch ist, dass Menschen, die uns verletzt haben, irgendwie dafür bezahlen sollen. So führt dieses Verlangen allein nie zu Frieden in unseren Beziehungen. Einen gangbaren Weg sehe ich in Jesu Anleitung heute:
1. Geh.
Wenn es ein zwischenmenschliches Problem gibt, ist es ganz egal, wer es verursacht hat. Sie sollen hingehen. Machen Sie den ersten Schritt!
2. Geh allein.
Halten Sie vorher keine Teambesprechung ab. Rufen Sie nicht erst Ihre Freunde an und erzählen Sie ihnen: „Wisst ihr, was XY getan hat?“
3. Geh gleich.
Stehen Sie auf und verlassen Sie den Gottesdienst (Mt 5,23−26), sagt Jesus. Zwängen Sie sich an den anderen Personen in Ihrer Reihe vorbei. Die Nacht drüber schlafen ist in Ordnung. Aber geben Sie Ihrem Kopfkino nicht die Chance, sich in dem widerfahrenen Unrecht zu ergehen und die Opferrolle bis zum Exzess aufzubauen. Das macht es umso schwerer, aufzubrechen.
4. Geh hin, um dich zu versöhnen.
Mit seiner Anweisung, allein zu jemandem hinzugehen, der uns verletzte, hat Jesus ein bestimmtes Ziel im Sinn: Versöhnung!
Haben Sie schon einmal erlebt, dass jemand mit Ihnen über ein Problem spricht, und Sie haben genau gemerkt, dass der Betreffende sich eigentlich nur an Ihnen austoben will? Das will Jesus nicht.
Gehen Sie in der Haltung hin, dass Sie einander besser verstehen werden, wenn Sie darüber sprechen und Ihr Miteinander dadurch gewinnt.
5. Lass los.
Manchmal haben Sie vielleicht alles unternommen, aber der andere will sich nicht versöhnen. Er verharrt in der Haltung, ‚Ich will das nicht in Ordnung bringen.‘ Was sollen Sie dann tun? Müssen Sie sich dann für immer mit dieser zerbrochenen Beziehung belasten? Nein.
Der Apostel Paulus hat in seinen Brief an die Gemeinde in Rom einen wunderbaren Vers eingefügt, bei dem es genau darum geht:
„Soweit es irgend möglich ist und von euch abhängt, lebt mit allen Menschen in Frieden.“ (Röm 12,18)
Sie haben die Reaktion anderer Menschen nicht in der Hand. Wenn die Beziehung trotz Ihrer aufrichtigsten Bemühungen nicht wiederhergestellt werden kann, dann lassen Sie sie hinter sich. Lassen Sie los. Sie sind frei.