Schmerz ist unvermeidlich: Krankheit, Tod, Beziehungsabbrüche und Konflikte sind ein nicht verhandelbarer Teil des Lebens.
Leiden: die Tendenz sich zu wünschen, dass die Dinge nicht so sind, wie sie sind.
⇨ Schmerz ist unvermeidlich, Leiden ist es nicht.
⇨ Zwischen dem Schmerz und meiner Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum liegt unsere Macht, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegen unser Wachstum und unsere Freiheit.
Der Prozess
- Wir erleben Schmerz.
- In dem kurzen Moment danach beginnen wir, negative Gedanken zu haben bzw. Überzeugungen und Annahmen über den erlebten Schmerz zu hegen.
- Diese Gedanken führen zu Gefühlen (wie Scham, Angst und Selbstzweifel). Sie können gleichzeitig auch zu physiologischen Veränderungen in unserem Körper führen.
- Schließlich nähren sich diese Gefühle und Empfindungen nähren sich selbst.
- Mit der Zeit können sich diese Gedanken und Gefühle sogar in Verhaltensweisen und Handlungen manifestieren.
Im Grunde ist alles, was nach dem zweiten Aufzählungspunkt passiert, beeinflussbar.
Erwartungshaltungen – Persönliche Perspektiven
- Das Leiden liegt in der Kluft zwischen dem, was Sie vom Leben fordern, erwarten oder wünschen und dem, was tatsächlich ist.
- Wir haben nur unsere eigene, begrenzte Perspektive. Das ist es, was es bedeutet, lebendig zu sein. Es geht nicht darum, völlig apathisch zu werden, aber wir können Bewusstsein und Akzeptanz für unserer Erwartungen haben.
- Widerstand ist ebenfalls eine Art, an Dingen festzuhalten und ihre Vergänglichkeit und Unbeständigkeit nicht anzunehmen:
- Wir können uns zum Beispiel eine komplexe Geschichte über unsere Feinde oder Gegner erzählen und wie sehr wir sie hassen.
- Wir können uns ständig in Opposition zu etwas stellen, entweder weil wir uns als Opfer sehen oder vielleicht als Rebellen, die ihre Identität aus dem Widerstand beziehen.
Leiden überwinden
Übung 1: Unterscheidung zwischen Schmerz und Leiden
- Wenn Sie sich das nächste Mal unglücklich oder leidend fühlen, halten Sie inne & notieren alles, was in Ihrem Herzen und Verstand auftaucht.
- Zeichnen Sie nun zwei Spalten auf ein Blatt Papier, eine mit der Aufschrift „Tatsache des Lebens“ und die andere mit „Persönliche Erwartung/Empfindung“. Ordnen Sie alles aus Schritt eins zu.
- Stellen Sie sich die folgenden Fragen:
- Wie sieht die Realität meiner Situation im Moment aus? Was sind die Fakten?
- Was ist in dieser Situation Schmerz und was ist Leiden?
- Was kann ich hier kontrollieren, und was liegt außerhalb meiner Kontrolle?
- Welche Überzeugungen, Erwartungen und Interpretationen verlängern oder verstärken den Schmerz im Moment?
Übung 2: Den Mittelweg finden
- Verlassen Sie die Schwarz-Weiß-Sicht. Das Glück ist greifbar, weil es neben der Traurigkeit auftritt.
- Stellen Sie sich bei absoluten Sätzen mit „immer“, „nie“, „alle“, „nichts“, „vollständig“ die schlichte Frage: Wirklich?
Übung 3: Umarmen Sie, was ist
Botschaft der Werbungen und digitalen Angebote um uns: Was auch immer du tust, entkomme dem gegenwärtigen Augenblick, der schwierig, fehlerhaft und unangenehm ist.
⮕ Wenn Sie das nächste Mal eine Emotion verspüren, machen Sie es sich zur Priorität, sie bewusst wahrzunehmen, sie zu benennen und zuzulassen. Beurteilen, unterdrücken oder diagnostizieren Sie das Gefühl nicht.
Übung 4: Achten Sie auf Ihren Informationskonsum
Wer ist Ihr Innenausstatter? Oft ist Leiden eine Frage der Überforderung durch Informationen v.a. über Dinge, auf die wir aktiv keinen Einfluss ausüben können.
- Bevor Sie reflexartig Ihr Handy in die Hand nehmen oder einen Webbrowser öffnen, halten Sie inne. Achten Sie darauf, was Sie tun, und warum. Versuchen Sie, den Moment zu vermeiden?
- Wenn Sie mit einer Sendung fertig sind, etwas lesen oder hören, halten Sie inne und fragen Sie sich, wie es auf Sie gewirkt hat. Wie fühlen Sie sich jetzt, verglichen mit der Zeit, bevor Sie dieses bestimmte Medium konsumiert haben?
Übung 5: Kontrolliere, was du kontrollieren kannst
- Wir versäumen es, Dinge zu kontrollieren, die in unserer Kontrolle liegen, oder
- Wir denken, dass wir die Kontrolle über etwas haben, was wir nicht kontrollieren können.
⮕ Gelassenheitsgebet einüben.
Übung 6: Dankbar sein
Konzentrieren Sie sich auf das, was im Moment gut ist: Das Leben mit seinen angenehmen Seiten nicht selbstverständlich nehmen und ein Gespür dafür entwickeln, wie viel ‚unverdientes‘ Gutes mir jeden Tag widerfährt: gutes Gespräch, sympathische Begegnung, leckerer Kaffee, unerwartete Hilfe…
Übung 7: Sich bewusst Dinge vorenthalten – Fasten
Ein Training für mentale Stärke: Würde, Selbstbeherrschung und Gelassenheit bewahren.
Das führt zu einer Neukalibrierung der eigenen Einstellung zu Wünschen, Begierden und Befriedigung.
„Anstrengungsparadoxon“: Der Mensch vermeidet Anstrengung, obwohl harte Arbeit für uns eine Quelle der Freude und Bereicherung ist (IKEA-Effekt).
Übung 8: Lebenshaltung entwickeln
Viktor Frankl bemerkte im Blick auf seine Erfahrungen im KZ, dass »es nicht darauf ankam, was wir vom Leben erwarteten, sondern vielmehr, was das Leben von uns erwartete. Wir mussten aufhören, nach dem Sinn des Lebens zu fragen, und uns stattdessen als diejenigen betrachten, die vom Leben in Frage gestellt werden – täglich und stündlich.«
- Wir müssen unsere eigene Lebensphilosophie entwickeln und sie muss dem Leiden Rechnung tragen – nicht es vermeiden. Frankl: „Ohne Leiden und Tod kann das menschliche Leben nicht vollständig sein.«
Leidenshilfe: Finde deinen Sinn
Frankl glaubte, dass wir den Sinn auf eine von drei Arten finden:
- Wir können arbeiten, handeln oder etwas von Wert schaffen.
- Wir können einem anderen Menschen wirklich begegnen.
- Wir können eine bestimmte Haltung zu unserem Leiden einnehmen.
Es geht nicht darum, dass Schmerz einen Sinn ergibt, sondern, dass wir uns mit ihm auseinandersetzen.