Durch Gott wird die Welt zu einem guten Ort, der Raum bietet für die unüberschaubare Vielfalt der Geschöpfe. »Gott sah, dass es gut war.« (Genesis 1) Dieser Satz zieht sich wie ein Refrain durch den Eröffnungstext der Bibel. Er ist eine Bekräftigung der überschäumenden Freude über die wunderbare Schöpfung. In der Fülle der Welt spiegelt sich Gott: ER ist gönnend, liebevoll, gütig und ER will das Leben will. Die biblischen Texte verweisen immer wieder auf den Schöpfergott, der ein Liebhaber des Lebens ist (vgl. Weish 11,24−26), aber auch darauf, dass es »die Erde des HERRN ist« (Psalm 24,1) und nicht die des Menschen. Diese Welt verdient es, gewürdigt und beschützt zu werden. Das wird in der Bibel immer wieder im Modus des Staunens festgehalten: »Er schuf so Großes, es ist nicht zu erforschen, Wunderdinge, sie sind nicht zu zählen.« (Hiob 9,10)
Verantwortung für die Schöpfung gehört für die Bibel mit dazu. Schöpfung ohne Verantwortung des Menschen ist für die Bibel schlicht nicht denkbar. In ihr findet die Güte Gottes, sein Geschenk an uns – die Welt mit all ihren Wundern – eine Antwort. Die Übernahme der Verantwortung für diese Welt ist unser Dank an Gott. Das ist eine bleibende Verpflichtung für den Menschen: »Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte.« (Genesis 2,15) Das Motto lautet dabei: bewusst leben und genießen, denn »unsere Schwester, Mutter Erde, […] schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr aufgrund des unverantwortlichen Gebrauchs und des Missbrauchs der Güter zufügen, die Gott in sie hineingelegt hat.« (Papst Franziskus) Der Mensch darf nicht alles, was er kann und Je mehr er kann, desto größer wird seine Verantwortung.
Der Mensch ist Teil der Schöpfung, er steht nicht über ihr, sondern ist ein Teil des Universums. Im »Sonnengesang“ nennt Franz von Assisi die Mitgeschöpfe seine Geschwister (u.a. „Bruder Sonne“ und „Schwester Mond“). Albert Schweizer hat bereits eine Ethik des Lebens formuliert, die aktueller nicht sein könnte. Er schreibt: »Ich bin Leben, das leben will inmitten von Leben, was leben will.« Daraus spricht die Verbundenheit von allem mit allem. Ganz langsam spüren wir, was das konkret bedeutet und dass es wahr ist. Wir Menschen sind auf eine so feine Weise in das große Ganze der Natur eingebunden, dass es eigentlich nur demütig machen kann. Und genau diese Haltung brauchen wir, glaube ich, in der gegenwärtigen Krise mehr denn je. Alles ist mit allem verbunden, deswegen kommt das, was wir wegschieben, irgendwann wieder zu uns zurück. Diese Verbundenheit von allem mit allem lässt sich sogar bis in unsere Gene hinein verfolgen, wie Remo Largo feststellt: »Wir Menschen sind im Verlauf von 450 Millionen Jahren aus dem unablässigen Zusammenwirken unzähliger Lebewesen und deren Umwelt hervorgegangen. Wir teilen mit allen Lebewesen dieser Erde einen gemeinsamen Ursprung und sind demnach – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – mit Insekten, Reptilien und Säugetieren, ja selbst mit Algen, Palmen und Obstbäumen genetisch verwandt. Die Verantwortung für die Umwelt ist uns gewissermaßen ins Erbgut hineingeschrieben.«
Die Bibel beginnt ihren langen Erzählfaden mit der Schöpfung. Aus heutiger Sicht geradezu ein Geniestreich. Denn Schöpfung ist ein vollkommen offenes Konzept. Vor aller religiösen oder kulturellen Differenzierung nimmt sie den Menschen als Menschen in den Blick, als Geschöpf unter Geschöpfen, das eine besondere Verantwortung trägt. Diese Idee ist hochintegrativ. Sie ist ein geteiltes Erbe der verschiedenen Spielarten des europäischen Christentums und gleichzeitig anschlussfähig an traditionelle Naturreligionen ebenso wie an moderne, säkulare Formen der spirituellen Naturerfahrung. Die ökologische Krise der Gegenwart lässt sich nur durch eine gemeinsame Antwort aller Menschen überwinden. Dafür ist mehr nötig als das Wissen um Prozesse und die Einsicht in die Dringlichkeit, mit der eine Veränderung herbeigeführt werden muss. Es braucht auch eine gemeinsame Haltung, ein spirituelles Fundament, das unterschiedlichste Menschen zusammenbringt, inspiriert und zum Handeln motiviert.
„Es gibt Platz für alle auf dieser unserer Erde: Auf ihr soll die ganze Menschheitsfamilie die notwendigen Ressourcen finden, um mit Hilfe der Natur selbst, dem Geschenk Gottes an seine Kinder, und mit dem Einsatz ihrer Arbeit und ihrer Erfindungsgabe würdig zu leben. Wir müssen jedoch auf die sehr ernste Verpflichtung hinweisen, die Erde den neuen Generationen in einem Zustand zu übergeben, so dass auch sie würdig auf ihr leben und sie weiter kultivieren können.“
(Caritas in Veritate von Papst Benedikt XVI.)
1. Das Schöne sehen
Eine Wiese voller Blumen, ein Regenbogen, taufeuchter Wald, rauschende Meereswogen, eine Weide mit grasenden Kühen darauf, die Sonne, die sich in einem See spiegelt oder beim Untergehen die Wolken rosarot färbt – jeden Tag gibt es unzählige Bilder und Eindrücke von Gotts Schöpfung, die uns froh und glücklich stimmen können. Denn für nichts davon haben wir etwas getan.
Schauen Sie nicht nur auf verdreckte Gehwege, fürchten Sie sich nicht unentwegt vor den Folgen der Atomstromgewinnung, schauen Sie über miese Laune hinweg und finden Sie das Schöne in Ihrer Welt – die Blume, die sich durch eine Ritze im Beton gequält hat und jetzt blüht, einen Vogel auf dem Hausdach gegenüber oder auch ein Familienmitglied, eine Freundin, einen Kollegen, die alle genau wie Sie ein Wunder der Schöpfung sind. Erleben Sie Gottes Welt in sich und um sich herum – und erzählen Sie davon! Positive Stimmungen und Perspektiven sind ansteckend.
2. Das Glück liegt so nah
Urlaub ist klimatechnisch ein heikles Thema. Doch Flugreisen und Kreuzfahrten sind und bleiben Klimakiller. Nichts gegen das Fernweh, aber alles Gute will in Maßen genossen werden. Versuchen Sie es doch einmal mit einer Reise ins Umland! Denn schöne Urlaubsziele finden sich in Deutschland zuhauf. Das fängt schon im Alltag an: Fahrrad statt Auto usw. Wir wissen es, auch wenn wir es nicht gerne hören. Auch andere gute Dinge liegen oft näher, als man denkt: Obst und Gemüse aus der Region haben eine deutlich bessere Klimabilanz als Kiwis aus Neuseeland und Paprika aus Chile – und schöne Blumen gibt es in Deutschland allemal, da müssen Sie keine Rosen kaufen, die in Afrika angebaut und extra hergeflogen wurden.
3. Wenig(er), aber dafür gut
Wer sich um Gottes Schöpfung und ihre Geschöpfe sorgt, muss auf nichts verzichten – nicht auf Fleisch und auch nicht auf schöne Lederschuhe. Wer darauf achtet, dass Produkte aus ökologischem Anbau, fairem Handel und artgerechter Tierhaltung kommen, kann diese sogar besonders genießen – auch, wenn Sie vielleicht ein wenig teurer sind. Sehen Sie es als Investition in ihr Gewissen! Sie werden feststellen: Steaks von Rindern, die auch mal die Sonne gesehen haben, schmecken einfach viel besser.
Verantwortung für die Schöpfung zu übernehmen, ist auch immer eine soziale Aufgabe. Fördern Sie durch Ihren Kauf faire Arbeitsbedingungen und umweltfreundliche Anbau- und Fertigungsmethoden, selbstverständlich in dem Rahmen, denen Ihnen Ihre Möglichkeiten bieten.
4. Achtsamkeit
Sorgsam mit den Mitmenschen und den Ressourcen dieser Erde umgehen, verlangt den Horizont zu weiten. Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass Energie und Wasser wertvolle Güter sind, die nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Sparen lautet hier die Devise. Duschen, statt baden, den Wasserhahn beim Zähneputzen nicht laufen lassen, kein Licht brennen lassen, wenn niemand im Raum ist, Energiespargeräte und ‑lampen kaufen, zu einem Öko-Stromanbieter wechseln – die Liste ist lang, aber wenn Sie auch nur einen oder zwei Punkte beherzigen, ist das ein Anfang, der den Unterschied macht!
GEBET
Ich will den HERRN preisen von ganzem Herzen.
HERR, mein Gott, wie groß bist du!
Majestätische Pracht ist dein Festgewand.
O HERR, welch unermessliche Vielfalt zeigen deine Werke!
Sie alle sind Zeugen deiner Weisheit!
Die ganze Erde ist voll von deinen Geschöpfen
und sie alle warten auf dich.
Doch wenn du dich von ihnen abwendest,
müssen sie zu Tode erschrecken.
Doch wenn du deinen Geist schickst,
wird neues Leben geschaffen,
und die Erde kann sich wieder entfalten.
Der HERR erfreue sich an dem, was er geschaffen hat!
Ich will dem Herrn singen, solange ich lebe,
will meinem Gott spielen, solange ich da bin.
Möge ihm mein Dichten gefallen.
Ich will mich freuen am Herrn. Amen.
Nach Psalm 104
s.a.: Psalm 104 und 148 sind Lobgesänge auf die Schöpfung
Literaturtipps:
- Medard Kehl, Und Gott sah, dass es gut war. Eine Theologie der Schöpfung, Freiburg 2006.
- Leonardo Boff, Die Erde ist uns anvertraut. Eine ökologische Spiritualität, Kevelaer 2010.
- Julia Enxing, Und Gott sah, dass es schlecht war. Warum uns der christliche Glaube verpflichtet, die Schöpfung zu bewahren, München 2022.
- https://erdcharta.de