Manchmal mutet uns das Leben Umstände, Situationen und Herausforderungen zu, ohne uns zu fragen, ob wir ihnen gewachsen sind oder nicht; ohne uns zu fragen, ob sie uns gefallen oder nicht. Das sind entscheidende Schlüsselmomente im Leben, in denen es darauf ankommt, sich neu zu orientieren und sich eine Fähigkeit zu erwerben, die im Leben entscheidend ist, nämlich die Kunst sich selbst zu führen.
In jedem Moment unseres Lebens, in allem Sprechen und allem Tun kommen Überzeugungen zum Ausdruck, auch dann, wenn sie uns nicht wirklich bewusst sind. Bei der Kunst der Selbstführung geht es darum, sich dieser Überzeugungen wieder bewusst zu werden, um unter gewissen Perspektiven unser Leben zu verstehen und zu gestalten.
Die erste Perspektive ist die der Selbstverantwortung. Abraham Lincoln hat einmal formuliert, dass jeder der die 40 überschritten hat, für sein Gesicht selbst verantwortlich ist. Damit meint er nicht die Frisur oder die chirurgisch veränderte oder eben auch nicht veränderte Nase. Nein, er meint damit den Ausdruck auf unserem Gesicht. Nicht der des bewussten Gesichtsmanagements, wenn wir andere anlächeln, um ihnen zu gefallen und uns ihre Sympathien zu erwerben. Nein, er meint den Ausdruck auf unserem Gesicht, der sich einstellt, wenn wir uns unbeobachtet fühlen, der unseren inneren Seelenzustand widerspiegelt, unsere Zufriedenheit oder Unzufriedenheit.
Die Kunst der Selbstführung wird niemals jemand erwerben, der nicht bereit ist, seine Selbstverantwortung zu bejahen, zu akzeptieren, dass ich Verantwortung dafür trage, wie ich mich fühle, wie ich mich entscheide, wie ich handle und wie ich mich entwickle. Ja, es gibt Umstände in unserem Leben, die bei weitem nicht in unserer Möglichkeit der Beeinflussung liegen. Aber wie ich mich den Dingen gegenüber verhalte und welche Einstellung ich zu den Dingen entwickle, die sich nicht verändern lassen, das wiederum liegt sehr wohl in meiner eigenen Verantwortung.
Die zweite Perspektive ist die der Selbstklärung. Ich schaue nach innen und verschaffe mir Klarheit darüber, wer ich bin, welche Begabungen, Fähigkeiten und Talente in mir schlummern, welche Interessen und Leidenschaften mich motivieren.
Ich schaue nach vorne. Auf welche Ziele hin will ich mich entwickeln, was soll das große Ganze meines Lebens sein und wie will ich die entscheidenden Schritte daraufhin vornehmen.
Ich schaue nach oben. Ich schaue auf diesen Gott, der mir Versprechungen und Verheißungen für mein Leben gegeben hat, der mir seine Unterstützung und seinen Beistand zusagt. Ich werde mir klar darüber, wie ich diesen Gott und seine Zusagen mit in mein Leben und meine Lebensplanung aufnehmen möchte.
Der nächste Punkt betrifft die Selbstfürsorge. Ich sorge dafür, dass der Tank meines Glaubens, meiner Seele und meiner Lebensenergie stets gut gefüllt ist. Auch dafür trägt niemand anders Verantwortung als ich selbst. Alles andere wäre entmündigend und bequem. Es wäre deswegen entmündigend, weil ich nur dann in meinem Glauben fit sein könnte, wenn der Pastor am Sonntag eine perfekt auf mich zugeschnittene Predigt hält. Es wäre deswegen bequem, weil ich natürlich immer einen Schuldigen hätte, wenn es um meine Lebensenergie und um meinen Glauben gerade einmal nicht gut bestellt ist. Aber es ist meine Verantwortung, wenn ich die Bibel links liegen lasse und merke, ich verstehe diesen Gott nicht. Es ist meine Verantwortung, wenn ich das Gespräch mit Gott abbrechen lasse und genauso es ist meine Verantwortung, wenn mein Kalender so dicht gepackt ist, dass Zeiten der Erholung und der Besinnung einfach keinen Raum finden.
Der letzte Punkt betrifft die Selbststeuerung. Es geht darum, dass ich mir in allen meinen Aufgaben, in all meinen Beziehungen und in all den Herausforderungen immer wieder bewusst mache, welche Handlungsoptionen sich mir bieten. Welche Möglichkeiten habe ich, die konkreten Umstände meines Lebens zu gestalten, damit ich wirklich ein selbstverantwortetes und selbstbestimmtes Leben führen kann.
Am Ende des Tages geht es bei diesen Perspektiven allerdings nicht um eine egomane Nabelschau. Nein, die Zielrichtung ist eine grundlegend andere. Du bist Gottes Geschenk an diese Welt. Du bist das Beste, was deinen Mitmenschen hätte passieren können. Wenn du mit diesem Glauben morgens nicht aufstehen kannst, dann solltest du wahrscheinlich besser liegen bleiben. Als Gott den Abraham beruft, sagte er ihm zwei entscheidende Dinge. Als Erstes: Ich will dich segnen. Und als Zweites: Du sollst ein Segen sein. Das heißt für mich nichts anderes als, dass Gott einem jeden von uns Begabungen und Talente mitgegeben hat, die wir entdecken und entwickeln sollen.
Wann immer wir das tun, wird das, was dabei entsteht zum Segen für unsere Mitmenschen. Es wird denen zum Nutzen werden, mit denen wir unser Leben bewusst gestalten und denen wir im Laufe des Tages begegnen. In diese Perspektive, die Gott uns mitgegeben hat, immer mehr hineinzuwachsen, ist für mich eines der grundlegenden und entscheidenden Dinge, wenn es darum geht, ein sinnvolles und ein erfülltes Leben zu führen.