Ruhe

Je nach­dem, wie ei­nen die ak­tu­el­le Co­ro­na Kri­se ge­packt hat, weiß man ent­we­der vor lau­ter Ar­beit we­der ein noch aus oder al­ler­dings, man ist ziem­lich in­ten­siv auf sich selbst und sei­ne Liebs­ten zu­rück­ge­wor­fen. Auch die­se Zeit ist kei­ne ein­fa­che. Von da­her möch­te ich mit euch in der kom­men­den Zeit im­mer wie­der ei­nen Blick auf die­se be­son­de­re Pha­se wer­fen und fra­gen und schau­en, wie kann es ei­gent­lich gut ge­hen, die ruhe und die Zeit mit sich sel­ber aus­zu­hal­ten und zu gestalten.

 

Ich fin­de es selbst ziem­lich trau­rig, aber ich glau­be, dass ich von vie­len Men­schen als durch­aus ge­stress­ter und um­trie­bi­ger Typ wahr­ge­nom­men wer­de. Wahr­schein­lich fra­gen sich vie­le hin und wie­der: Naja, ob wir dem im Mo­ment noch ein Schipp­chen oben­drauf pa­cken kön­nen oder es doch lie­ber blei­ben las­sen? Ich muss auch kein gro­ßer Pro­phet sein, um wahr­zu­neh­men, dass es nicht nur mir, son­dern vie­len so geht in ei­ner Ge­sell­schaft, in der viel zu tun zu ha­ben, ei­nen ge­wis­sen Sta­tus mar­kiert und Ruhe und sich zu­rück­zu­zie­hen, schon fast als Fau­len­zen gelten.

In so ei­ner Ge­sell­schaft ist Ruhe Man­gel­wa­re ge­wor­den und da­bei kann das ziem­lich ge­fähr­li­che Kon­se­quen­zen ha­ben. Eine zum Bei­spiel ist, dass es vor al­len Din­gen an un­se­rer Em­pa­thie gräbt. Ich kann mich nur be­grenzt emo­tio­nal in ver­schie­de­nen Din­gen en­ga­gie­ren. Ir­gend­wann ist mein emo­tio­na­les Ka­pi­tal und sind mei­ne emo­tio­na­len Fä­hig­kei­ten auf­ge­braucht. Wenn dann Din­ge an mich her­an­ge­tra­gen wer­den, dann kann ich nur noch mit Ab­leh­nung und Ab­rie­ge­lung re­agie­ren oder schlimms­ten­falls mit Gleichgültigkeit.

Die Lö­sung kann auch nicht sein, dass ich nach ge­stress­ten Mo­na­ten mei­nen Start in den Ur­laub pos­te und es ge­nie­ße, dass mich vie­le dazu be­glück­wün­schen und mir die­se Zeit gön­nen; um dann am Ende mit neu­er Tat­kraft wie­der zu­rück­ge­kehrt nach ei­ner Wo­che fest­zu­stel­len, dass ich an dem glei­chen Punkt an­ge­kom­men bin wie vor dem Urlaub.

Die vol­le Breit­sei­te be­kom­me ich bei die­sem The­ma, wenn ich in die Bi­bel schaue. Am sechs­ten Tag schafft Gott den Men­schen und als er den Men­schen ge­schaf­fen hat, nimmt er an die Hand und spa­ziert mit ihm durch den Gar­ten. Er zeigt ihm al­les, was ihm zur Ver­fü­gung steht und wor­an er in der kom­men­den Zeit Hand an­le­gen darf. Als Gott ihm al­les ge­zeigt hat, sagt er ihm üb­ri­gens: ‚Mor­gen ist Fei­er­tag. Mor­gen ruhst du dich aus. Mor­gen hast du gar nichts zu tun.‘ Der Mensch, der ge­ra­de mal erst nackt auf die Welt ge­kom­men ist, muss als ers­tes ler­nen, dass alle Ar­beit und alle Tä­tig­keit ih­ren Aus­gangs­punkt in der Ruhe nehmen.

Das Wort, dass das Alte Tes­ta­ment da­für ver­wen­det, hat im Deut­schen vie­le Nu­an­cen. Es be­deu­tet so viel wie: Klar­heit, Ge­las­sen­heit, Frie­den. Al­les er­stre­bens­wer­te Din­ge und al­les not­wen­di­ge Grund­la­gen, da­mit die Ar­beit, die wir an­pa­cken und die uns ja auch wich­tig ist, am Ende wirk­lich auf Er­folg und auf ein gu­tes Ge­lin­gen an­ge­legt ist.

Ru­hen be­deu­tet, sich um­ge­stal­ten zu las­sen. Kör­per­lich pas­siert das, in­dem wir schla­fen und see­lisch pas­siert es, in­dem wir uns zu­rück­zie­hen. Ein al­tes Wort für Ruhe heißt Re­krea­ti­on, was so viel be­deu­tet wie neu ge­schaf­fen wer­den. Da­her müs­sen wir uns die Ruhe an­tun las­sen. Wir müs­sen sie an uns ge­sche­hen las­sen und das, was dann in uns auf­bricht, das, was sich dann in uns zeigt, das ist nö­tig, dass wir es wie­der in den Blick neh­men, dass wir es wahr und ernst neh­men und dass wir uns da­mit beschäftigen.

Des­halb soll in der kom­men­den Zeit auf die­sem Wege im­mer wie­der ein klei­ner In­put er­fol­gen, um euch Mög­lich­kei­ten und Wege zu zei­gen, wie ihr die­se Ruhe für euch gut nut­zen könnt, um mit ent­schei­den­den Fra­gen wie­der auf Tuch­füh­lung zu gehen.