Lass das mal den Papa ma­chen – oder bes­ser nicht

Lass das mal den Papa ma­chen – oder bes­ser nicht

Ei­nes der ein­zig­ar­ti­gen Merk­ma­le der Bi­bel ist die Art und Wei­se, wie sie Frau­en er­hebt. Die Bi­bel ist weit da­von ent­fernt, Frau­en zu er­nied­ri­gen oder sie herabzusetzen.

Mir­jam, die Schwes­ter von Mose und Aa­ron, war eine Pro­phe­tin und Lie­der­dich­te­rin und in Mi­cha 6,4 ehrt Gott sie zu­sam­men mit ih­ren Brü­dern als Füh­rungs­per­son wäh­rend des Aus­zugs aus Ägyp­ten. Bi­bli­sche Be­rich­te über das Fa­mi­li­en­le­ben stel­len Frau­en oft­mals als wei­se Rat­ge­ber ih­rer Ehe­män­ner her­aus (Ri 13,23; 2Kö 4,8−10). Sara und Ra­hab wer­den in He­brä­er 11 aus­drück­lich un­ter den Glau­bens­hel­den auf­ge­führt. Im Buch der Sprü­che wird die Weis­heit als eine Frau per­so­ni­fi­ziert. Im NT wird die Ge­mein­de eben­falls als eine Frau dar­ge­stellt, als die Braut Christi.

Im so­zia­len und re­li­giö­sen Le­ben Is­ra­els und der neu­tes­ta­ment­li­chen Ge­mein­de wur­den Frau­en nie­mals in den Hin­ter­grund ver­bannt. Zu­sam­men mit den Män­nern nah­men sie an al­len Fes­ten und öf­fent­li­chen Got­tes­diens­ten in Is­ra­el teil (5Mo 16,14; Neh 8,2−3). Von Frau­en wur­de nicht ver­langt, dass sie sich ver­schlei­ern oder sich auf öf­fent­li­chen Plät­zen still ver­hal­ten sol­len (1Mo 12,14; 24,16; 1Sam 1,12). Auch Müt­tern (nicht nur Vä­tern) ob­lag die Ver­ant­wor­tung und Au­to­ri­tät für die Be­leh­rung ih­rer Kin­der (Spr 1,8; 6,20). In Is­ra­el durf­ten Frau­en so­gar Land be­sit­zen (4Mo 27,8; Spr 31,16).

All dies steht in kras­sem Ge­gen­satz zu der Art und Wei­se, wie an­de­re alte Kul­tu­ren Frau­en für ge­wöhn­lich er­nied­rig­ten und ent­wür­dig­ten. In bi­bli­schen Zei­ten wur­den Frau­en in heid­ni­schen Ge­sell­schaf­ten oft­mals nur mit et­was mehr Wür­de als Tie­re be­han­delt. Ei­ni­ge der be­kann­tes­ten grie­chi­schen Phi­lo­so­phen lehr­ten, dass Frau­en von Na­tur aus min­der­wer­ti­ge Ge­schöp­fe sei­en. Selbst im Rö­mi­schen Reich wur­den Frau­en nor­ma­ler­wei­se nur als be­weg­li­cher Be­sitz be­trach­tet (als per­sön­li­che Habe ih­rer Män­ner oder Vä­ter) und ge­nos­sen kaum eine hö­he­re Stel­lung als Skla­ven im Haus­halt. In Tem­peln, die Göt­tin­nen ge­wid­met wur­den, dien­ten oft hei­li­ge Pro­sti­tu­ier­te – Pries­te­rin­nen, die sich selbst für Geld ver­kauf­ten. Männ­li­che heid­ni­sche Gott­hei­ten wa­ren lau­nen­haft und manch­mal scham­los frauenfeindlich.

In eine Welt hin­ein­ge­kom­men, in der sich rö­mi­sche und he­bräi­sche Kul­tu­ren kreuz­ten, er­hob das Chris­ten­tum die Stel­lung der Frau auf eine noch nie da ge­we­se­ne Ebe­ne. Un­ter den Jün­gern Jesu be­fan­den sich meh­re­re Frau­en (Lk 8,1−3) eine Pra­xis, die un­ter den Rab­bi­nern sei­ner Zeit na­he­zu gänz­lich un­be­kannt war. Doch dies war noch nicht al­les, er un­ter­stütz­te ihre Jün­ger­schaft so­gar, in­dem er ihr Nach­fol­ge als et­was dar­stell­te, das wich­ti­ger ist als häus­li­che Tä­tig­kei­ten (Lk 10,38−42). Als Chris­tus sich das ers­te Mal als der wah­re Mes­si­as zu er­ken­nen gab, tat er dies vor ei­ner sa­ma­ri­ti­schen Frau (Joh 4,25−26). Er be­han­del­te Frau­en im­mer mit ei­nem Höchst­maß an Wür­de – so­gar die Frau­en, die an­sons­ten als Aus­ge­sto­ße­ne an­ge­se­hen wur­den (Mt 9,20−22; Lk 7,37−50; Joh 4,7−27). Er seg­ne­te ihre Kin­der (Lk 18,15−16), weck­te ihre to­ten Ver­wand­ten auf (Lk 7,12−15), ver­gab ih­nen ihre Sün­den (Lk 7,44−48) und stell­te ihre Tu­gend­haf­tig­keit und Ehre wie­der her (Joh 8,4−11). Auf die­se Wei­se er­hob er die Stel­lung der Frau an sich.

So­mit über­rascht es nicht, dass Frau­en im Dienst der frü­hen Ge­mein­de eine be­deu­ten­de Rol­le ein­nah­men (Apg 12,12−15; 1Kor 11,11−15). Als die neu­tes­ta­ment­li­che Ge­mein­de an Pfings­ten ge­bo­ren wur­de, wa­ren mit den wich­tigs­ten Jün­gern auch Frau­en an­we­send und be­te­ten (Apg 1,12−14). Ei­ni­ge Frau­en wa­ren für ihre gu­ten Wer­ke be­kannt (Apg 9,36), an­de­re für ihre Gast­freund­schaft (Apg 12,12; 16,14−15), wie­der­um an­de­re für ihr gu­tes Ver­ständ­nis von der ge­sun­den Leh­re und für ihre geist­li­chen Ga­ben (Apg 18,26; 21,8−9). Jo­han­nes zwei­ter Brief war an eine füh­ren­de Frau aus ei­ner der Ge­mein­den un­ter sei­ner Auf­sicht ge­rich­tet. Selbst der Apos­tel Pau­lus, der von Bi­bel­kri­ti­kern zu Un­recht als männ­li­cher Chau­vi­nist ka­ri­kiert wur­de, übte re­gel­mä­ßig sei­nen Dienst zu­sam­men mit Frau­en aus (Phil 4,3). Er er­kann­te ihre Treue und ihre Be­ga­bun­gen an und ließ ih­nen Grü­ße aus­rich­ten (Röm 16,1−6; 2Tim 1,5).

Nach­dem sich der rö­mi­sche Kai­ser Kon­stan­tin im Jahr 312 n.Chr. be­kehrt hat­te, wur­de das Chris­ten­tum in Rom staat­lich an­er­kannt und schon bald zur vor­herr­schen­den Re­li­gi­on im gan­zen Reich. Eine der er­kenn­ba­ren frü­hen Fol­gen die­ser Ver­än­de­rung war ein voll­kom­men neu­er Rechts­sta­tus für Frau­en. Rom ver­ab­schie­de­te Ge­set­ze, die die Be­sit­zer­rech­te von Frau­en an­er­kann­ten. Ehe­ge­set­ze wur­den über­ar­bei­tet, so­dass die Ehe recht­lich als Part­ner­schaft an­ge­se­hen wur­de – an­statt ei­ner skla­ven­ähn­li­chen Stel­lung der Ehe­frau. In der vor­christ­li­chen Ära hat­ten rö­mi­sche Män­ner die Macht, sich aus na­he­zu je­dem Grund von ih­rer Frau schei­den zu las­sen oder so­gar aus gar kei­nem be­stimm­ten Grund. Neue Ge­set­ze mach­ten Schei­dun­gen schwie­ri­ger, wäh­rend sie der Frau gleich­zei­tig Rech­te ge­gen ih­ren un­treu­en Ehe­mann in die Hand ga­ben. Un­treue Ehe­män­ner konn­ten nicht län­ger un­ge­straft ge­gen ihre Frau­en sündigen.

 

DIE RICH­TE­RIN DE­BO­RA (Ri 4,1−24; 5,1−31)

De­bo­ra ist eine star­ke und selbst­be­wuss­te Frau aus der frü­hes­ten Zeit Is­ra­els. Das De­bo­ra­lied, das ihr den Eh­ren­ti­tel »Mut­ter in Is­ra­el« ver­leiht, ist zwi­schen 1150 und 1125 vor un­se­rer Zeit­rech­nung ent­stan­den. Das 12. vor­christ­li­che Jahr­hun­dert ist die Epo­che, in der die ein­zel­nen is­rae­li­ti­schen Stäm­me das Land Ka­na­an zu­meist fried­lich in Be­sitz nah­men. Wo sie al­ler­dings auf Wi­der­stand stie­ßen, da kam es zu krie­ge­ri­schen Auseinandersetzungen.

Das Rich­ter­buch er­zählt von ei­ner of­fe­nen Feld­schlacht am Ber­ge Ta­bor, die mit ei­nem gro­ßen Sieg Is­ra­els en­det (Kap. 4). Die­ser Sieg ver­dankt sich der Stra­te­gie und Tat­kraft ei­ner Frau. Ohne sie woll­te der ver­zag­te Feld­herr Ba­rak nicht ge­gen das bes­ser aus­ge­rüs­te­te Heer der Fein­de ziehen.

Als sie ihn zur Schlacht ein­be­ruft, schon dies ein er­staun­li­cher Vor­gang, gibt er die merk­wür­di­ge Ant­wort: »Wenn du mit mir gehst, so gehe ich, gehst du aber nicht mit mir, so gehe ich nicht« (Ri 4,8). Ba­rak hat­te Angst vor dem an Trup­pen und Aus­rüs­tung über­le­ge­nen Feld­haupt­mann Sis­e­ra, aber De­bo­ra ging da­von aus, dass Gott den Sieg ver­spro­chen hat­te. Tat­säch­lich flieht der ge­schla­ge­ne Sis­e­ra zu Fuß in das Zelt ei­ner be­freun­de­ten Familie.

Ehe De­bo­ra die Schlacht or­ga­ni­sier­te, war sie, üb­ri­gens als ein­zi­ge Frau in der he­bräi­schen Bi­bel, Rich­te­rin. Die Recht­spre­chung lag nach der Land­nah­me in den Hän­den der Äl­tes­ten, die Rat ga­ben, Rechts­strei­te und Zwis­tig­kei­ten schlich­te­ten und Ent­schei­dun­gen über das so­zia­le Le­ben fällten.

Ähn­lich saß auch De­bo­ra un­ter ei­ner Pal­me zwi­schen Bet El und Rama. In die­ser Ge­gend Mit­tel­pa­läs­ti­nas wach­sen Pal­men so gut wie nicht, die De­bora­pal­me, die am Ran­de des Ephraim­ge­bir­ges hoch auf­rag­te, war eine Seltenheit.

Der Palm­baum hat seit der Zeit des Pa­ra­die­ses eine my­thisch-sym­bo­li­sche Be­deu­tung, die Pal­me gilt als der Le­bens­baum, im­mer­grün, Sinn­bild des ewi­gen Le­bens, ein Zei­chen für Sieg und Hoffnung.

Auch der Name der De­bo­ra, »Bie­ne«, ist ein al­tes Sym­bol für das Kö­nig­tum und für die Mut­ter, die Ho­nig spen­dend nährt.

Auf De­bo­ra wird auch ein an­de­rer ge­nu­in jü­di­scher Be­griff an­ge­wandt, sie ist Pro­phe­tin. Sie ist Mah­ne­rin und Ru­fe­rin, die Got­tes Wil­len in ei­ner be­stimm­ten Si­tua­ti­on er­kennt und ausspricht;

 

GE­BET

Herr seg­ne mei­ne Hän­de, dass sie be­hut­sam sind,
dass sie hal­ten kön­nen, ohne zur Fes­sel zu werden,
dass sie ge­ben kön­nen, ohne Berechnung.

 

Herr seg­ne mei­ne Au­gen, dass sie die Be­dürf­tig­keit wahrnehmen,
dass sie das Un­schein­ba­re nicht übersehen,
dass sich an­de­re wohl­füh­len un­ter mei­nen Blick.

 

Herr seg­ne mei­ne Oh­ren, dass sie dei­ne Stim­me hö­ren, Tag für Tag,
dass sie ver­schlos­sen sind für Lüge und Geschwätz,
dass sie das Un­be­que­me nicht überhören.

 

Herr seg­ne mei­nen Mund, dass ich dich bezeuge,
dass ich nichts sage, was ver­letzt und zerstört,
dass ich trös­ten­de und hoff­nungs­vol­le Wor­te finde,
dass ich An­ver­trau­tes bewahre.

 

Herr seg­ne mein Herz, da­mit es Leid und Freu­de tei­len kann,
dass es emp­find­sam bleibt für andere,
dass es stark wer­de in sei­nen Über­zeu­gun­gen und Hoffnungen.

 

Amen.