Grün­de ge­gen Gott

Feu­er­bach

  • Gott ist die Ge­stalt­wer­dung der un­er­füll­ten Wün­sche des Men­schen, also eine im Kopf des Men­schen ent­stan­de­ne Projektion.
  • Feu­er­bach be­grün­det da­mit gar nicht den Athe­is­mus, er setzt ihn ein­fach voraus.
  • Viel­leicht fühlt sich manch ei­ner schlicht ge­stört von ei­nem Gott, von dem es heißt, er sei der allmächtige.

Der Herr Pfarrer

  • »Wer euch hört, der hört mich.« – Lu­kas 10,16
  • Men­schen ohne jede Bin­dung an eine Ge­mein­schaft ver­lie­ren bald auch den Glauben.

Die An­ti­ke

  • Der Gott, den die Athe­is­ten der An­ti­ke ab­lehn­ten, das war die wir­re Göt­ter­welt des Olymp. Der Gott, den die Athe­is­ten der An­ti­ke da­für er­fan­den, das war der Rent­ner­gott des Epi­kur, also we­nig mehr als nichts.

Das Mit­tel­al­ter

  • An den theo­lo­gi­schen Schu­len und Uni­ver­si­tä­ten wird auf höchs­tem ra­tio­na­lem Ni­veau kon­tro­vers und hef­tig gestritten.
  • Dem Mit­tel­al­ter ver­dan­ken wir zwar die schmerz­voll er­strit­te­ne Un­ter­schei­dung zwi­schen Sa­kra­lem und Profanem.

Die Re­nais­sance

  • Vor al­lem Pan­the­is­mus lag im Trend, also der schon in der An­ti­ke ver­brei­te­te Glau­be, dass die Na­tur ir­gend­wie Gott sei.
  • Athe­is­mus lebt mehr von man­geln­dem Glau­bens­wis­sen – ver­brei­tet bis in den Kle­rus hin­ein – als an ernst­haf­ter Ab­leh­nung des Christentums.
  • Pro­test: Le­bens­wan­del der Herr­schen­den im Staat und nicht sel­ten auch in der Kir­che ist nicht ge­ra­de dazu an­ge­tan, den von ih­nen ver­kör­per­ten Glau­ben be­son­ders glaub­wür­dig zu finden.

Be­gin­nen­de Neuzeit

  • Der Pro­test ge­gen die Herr­schen­den und ge­gen Gott, das fiel bei der Fran­zö­si­schen Re­vo­lu­ti­on au­gen­fäl­lig in eins.
  • Für den Fort­schritt der Wis­sen­schaf­ten stör­te »Gott« zu­neh­mend. Da war al­len­falls der Rent­ner­gott des Epi­kur ver­tret­bar; und so wa­ren die Auf­klä­rer des 18. Jahr­hun­derts meis­tens Deisten.

19. Jahr­hun­dert

  • Es ist über wei­te Stre­cken die mit reich­lich Was­ser ver­län­ger­te Sup­pe des ver­gan­ge­nen Jahrhunderts.
  • »Der Feind ist Gott. Der An­fang der Weis­heit ist der Hass auf Gott«, heißt es 1870 in der Athe­is­ten­pos­til­le »La lib­re pensée«.

Fried­rich Nietzsche

  • Er war ein vom Pie­tis­mus ge­präg­ter Pfar­rers­sohn und be­schrieb den Weg ins „Nichts“ mit al­ler Konsequenz.
  • „Gott ist todt! Gott bleibt todt! Und wir ha­ben ihn get­öd­tet! Wie trös­ten wir uns, die Mör­der al­ler Mör­der? (…) Ist nicht die Grös­se die­ser Tat zu gross für uns? Müs­sen wir nicht sel­ber zu Göt­tern wer­den, um nur ih­rer wür­dig zu erscheinen?“
  • In der Kon­se­quenz ei­nes Athe­is­mus nach Nietz­sche hat man kei­ne Ar­gu­men­te ge­gen die kraft­voll skru­pel­lo­se Macht ei­nes Hit­ler, Sta­lin oder Mao Tse Tung.

Max Planck

  • Quan­ten­theo­rie: „die Na­tur wird nicht von de­ter­mi­nis­ti­schen Ge­set­zen be­herrscht, die mit Not­wen­dig­keit ohne Aus­nah­me im­mer prä­zi­se gel­ten, son­dern dass es letzt­lich nur noch sta­tis­ti­sche Wahr­schein­lich­kei­ten gibt.
  • Chris­ti Him­mel­fahrt ist wis­sen­schaft­lich möglich.
  • Spä­ter fiel mit der Ur­knall­theo­rie noch die athe­is­ti­sche Über­zeu­gung von der an­fang­lo­sen Ewig­keit des Weltalls.

Re­li­gi­on und Wissenschaft

  • Schöp­fungs­ge­schich­te AT: Da­mit war die Welt zum ers­ten Mal ra­di­kal ent­gött­licht, sä­ku­la­ri­siert, ver­welt­licht so­zu­sa­gen. Die Welt war ohn­mäch­tig, all­mäch­tig war nur ihr Schöpfer.
  • Christ­li­che Glau­be: dass Gott Mensch ge­wor­den war, hob alle Men­schen in eine Höhe, die ih­nen in kei­ner an­de­ren Re­li­gi­on bis­her zu­ge­bil­ligt wurde.

➔ Die­ses neue Selbst­be­wusst­sein nahm den Men­schen die my­thi­sche Angst vor der Welt und er­laub­te ih­nen die Ent­wick­lung sys­te­ma­ti­scher Wis­sen­schaft und funk­tio­nie­ren­der Tech­nik. Die cal­vi­nis­ti­sche Va­ri­an­te des Chris­ten­tums, die im wirt­schaft­li­chen Er­folg das Zei­chen der gött­li­chen Er­wäh­lung sah, sorg­te dann noch für den öko­no­mi­schen Sie­ges­zug die­ses eu­ro­päi­schen Projekts.

  • Frü­he Bei­spie­le dafür:
    • Al­bert der Gro­ße (1200−1280)
    • Papst Cle­mens der VII & Ni­ko­laus Ko­per­ni­kus: Nicht die Welt, son­dern die Son­ne steht im Zentrum.
    • Papst Gre­gor XIII: Kalenderreform
    • Per­sön­lich­keits­pro­blem: Ga­li­leo Galilei

Charles Dar­win

  • Wenn der Glau­be sich nach christ­li­cher Über­zeu­gung aus ers­ten Ge­set­zen und Re­ge­lun­gen zu spä­te­rer grö­ße­rer Klar­heit und Blü­te ent­wi­ckelt, war­um soll Gott dann nicht in glei­cher Wei­se auch der Schöp­fung von An­fang an Ge­set­ze und Re­ge­lun­gen ein­ge­stif­tet haben?
  • Der ka­tho­li­sche Pries­ter und Au­gus­ti­ner­mönch Gre­gor Men­del, ein Zeit­ge­nos­se Dar­wins, be­tei­lig­te sich an den wis­sen­schaft­li­chen For­schun­gen zur Ver­er­bung und fand in ge­dul­di­ger For­schungs­ar­beit die nach ihm be­nann­ten Men­del­schen Ge­set­ze, die zum tie­fe­ren Ver­ständ­nis der Evo­lu­ti­ons­theo­rie beitrugen.
  • Für die wis­sen­schafts­gläu­bi­gen Athe­is­ten des 19. Jahr­hun­derts da­ge­gen barg die Evo­lu­ti­ons­theo­rie den Keim der Ka­ta­stro­phe ih­res Welt­bilds. Die von Dar­win be­grün­de­te Evo­lu­ti­ons­theo­rie ging näm­lich da­von aus, dass sich nicht al­les zwangs­läu­fig nach Na­tur­ge­set­zen ent­wi­ckel­te, son­dern dass es Mu­ta­tio­nen gab, plötz­li­che un­vor­her­seh­ba­re zu­fäl­li­ge Erbgutveränderungen.

Hirn­for­schung

  • Die Kor­re­la­ti­on zwi­schen ma­te­ri­el­len Pro­zes­sen und geis­ti­gen Pro­zes­sen als simp­le Eins-zu-eins-Ab­bil­dung zu ver­ste­hen, ist auf dem wis­sen­schaft­li­chen Stand von höchs­tens 1720.

Letz­te Worte

  • Wer­ner Hei­sen­berg: »Die re­li­giö­se Spra­che aber muss ge­ra­de die Spal­tung der Welt in ihre ob­jek­ti­ve und sub­jek­ti­ve Sei­te ver­mei­den; denn wer könn­te be­haup­ten, dass die ob­jek­ti­ve Sei­te wirk­li­cher wäre als die subjektive.«
  • Al­bert Ein­stein: »Sei­ne (des For­schers) Re­li­gio­si­tät liegt im ver­zück­ten Stau­nen über die Har­mo­nie der Na­tur­ge­setz­lich­keit, in der sich eine so über­le­ge­ne Ver­nunft of­fen­bart, dass al­les sinn­vol­le mensch­li­che Den­ken und An­ord­nen da­ge­gen ein gänz­lich nich­ti­ger Ab­glanz ist.«

➔ Nie­mand kann be­grei­fen, aus wel­chem Grund et­was ent­stan­den ist, wenn er bloß her­aus­ge­fun­den hat, nach wel­chen Ge­setz­mä­ßig­kei­ten es sich ent­wi­ckelt hat.