Gefühle gehören zu unserem Leben existenziell dazu. Allerdings liebt es wohl keiner, wenn Scham, Angst, Trauer und Wut über unser Leben hereinbrechen und all das wegspülen, was gerade noch selbstverständlich war. Diese Gefühle ignorieren wir nur allzu gerne und versuchen sie zu betäuben, zu verdrängen oder mit zu vielBeschäftigung einfach nicht wahrnehmen zu müssen. Aber auch diese Gefühle habenein Recht auf Anerkennung und auf einen Raum in unserem Leben. Deswegen braucht es für all unsere Gefühle einen guten Umgang und die Fähigkeit, sie wahrzunehmen und entsprechend zu bearbeiten.
Die Bibel ist zutiefst davon überzeugt, dass Gott Emotionen kennt und sie auch selbst empfindet. So wird in der Bibel immer wieder davon berichtet, welche Freude Gott hat, wenn er sich seine Schöpfung anschaut oder wenn die Menschen begegnen, die bereit sind, ihm zu vertrauen. Es wird von Gottes Zorn erzählt, der sich in ihm breit macht, wenn Menschen seine Liebe einfach ablehnen. Es wird immer wieder von einem eifernden Gott erzählt, der sich nichts sehnlicher wünscht, als dass die Menschen das Gute annehmen, dass er für sie bereithält.
Emotionen sind existenzieller Bestandteil Gottes und deswegen gehören Emotionen zum Menschen dazu und machen uns erst zu einem wahren und echten Ebenbild Gottes. Wann immer wir unsere Emotionen ablehnen, sie ignorieren oder sie nicht wahrhaben wollen, sind wir deswegen auch nur ein Zerrbild dessen, was es meint, Gott ähnlich zu sein.
Ein großer Lehrmeister im Umgang mit den Gefühlen war Ignatius von Loyola. Ihm ging es um einen guten Ausgleich zwischen Kopf und Herz, zwischen Verstand und Gefühlen. Er wollte den Menschen eine Möglichkeit geben, ihre Gefühlsmuskulatur zu trainieren, damit sie sensibel werden für die Vorgänge in ihrem Inneren.
Da Gott uns Menschen durch und durch kennt, weiß er eben auch um unsere Gefühle. Deswegen unterschied Ignatius zwei grundlegende Dimensionen. Die eine war Misstrost, worunter alle Gefühle fallen, die in unserem Inneren Turbulenzen auslösen, Unruhe. Gefühle, die letztendlich unsere Lebensqualität mindern.
Auf der anderen Seite Trost: Das sind all jene Gefühle, die innere Klarheit, die inneren Frieden und innere Ruhe in uns auslösen und damit das Leben fördern.
Für Ignatius war die grundlegende Unterscheidung dieser beiden Dimensionen deswegen so wichtig, weil ihm bewusst war, dass unsere Gefühle nicht immer eindeutig sind. Nicht immer entstammen sie den formulierten Absichten und Ambitionen, sondern manchmal haben sie auch als Ursprung unerfüllte Bedürfnisse, lang ignorierte Sehnsüchte und beiseite gelegte und verdrängte Themen. Deswegen waren für Ignatius Gefühle keine nebensächliche Begleiterscheinung dieses Lebens, sondern wichtige Indikatoren.
Gefühle sind für unsere Seele und unser Herz eine Möglichkeit, sich Ausdruck zu verleihen und auf sich aufmerksam zu machen. Gefühle können auch ein Hinweis dafür sein, was in unserem Leben endlich mal wieder in den Blick genommen werden sollte. Gefühle wahrzunehmen, sie vernünftig zu ergründen und ihnen den Raum in unserem Leben zu geben, den sie brauchen, ist deswegen eine wichtige Aufgabe, um sich mit dem zu beschäftigen und sich mit dem zu konfrontieren, was für uns im Leben relevant und dran ist.