Das Gebet ist keine fromme Übung neben andern. Man kann gar nicht anders beweisen, dass man Gott vertraut, mit seiner Gegenwart und seinem Eingreifen rechnet, als indem man betet. Das ganze Leben, mit all seinen Bereichen, mit all seinen Eigentümlichkeiten, seinen Erfolgen, seinen Begierden und Sehnsüchten hat Platz vor Gott. Doch dieses Miteinander von Gott und Mensch scheint nichts Selbstverständliches zu sein. Es muss jeden Tag neu errungen, entschieden und eingeübt werden. Das Gebet hält die Widersprüche unserer Existenz aus. Es erträgt den Widerspruch zwischen dem Vertrauen in einen liebenden und alles zum Guten führenden Gott und dem Leid, der Angst und Fragwürdigkeit des Tagesgeschäfts.
Dafür muss heute neu das Handwerkszeug vermittelt werden, da es über die Zeit oder durch fehlende Tradition abhanden gekommen ist: Gebetsweisen kennenlernen, zur Stille einladen, unter allen Umständen jedoch in die Gegenwart Gottes führen.