„Wenn man alle Leute, die am Sonntag morgen in der Kirche einschlafen, auslegen würde… wäre es für sie viel bequemer.“ (Abraham Lincoln, Präsident der USA 1861–1865)
Es kommt nicht so sehr darauf an, dass die Kirche Christi eine Mission hat, sondern darauf, dass die Mission Jesu Christi eine Kirche hat. Die Institution jedoch hat ihre wesentliche missionarische Berufung so sehr vergessen, dass sie sich mit dem Erhalt und dem Dienst an sich selbst zufrieden gegeben hat. Dass die Kirche um der Mission willen existiert, wurde von Päpsten und Theologen in den letzten 50 Jahren ununterbrochen behauptet, aber die meisten Katholiken sehen Mission als etwas an, das wenige Auserwählte an weit entfernten Orten. In den meisten Pfarreien ist diese Dimension nur noch verkrüppelt vorhanden und durch eine Kultur der Aufrechterhaltung des Bestehenden ersetzt. Man konzentriert sich bestenfalls darauf, die Bedürfnisse der Gemeindemitglieder zu befriedigen. Wie Israel zur Zeit Jesu ist die Kirche zu Räubern am Volk geworden, das Gott uns zu erreichen bestimmt hat, damit seine „Errettung bis ans Ende der Erde reicht“. (Jesaja 49,6)
Die Christen und ihre Kirchen existieren für die Mission. Wie Jesus sind wir gesandt worden, um diejenigen zu „suchen und zu retten“, die verloren gehen, und es sind definitiv genügend Plätze frei.
Als die Titanic sank, gab es
- 475 ungenutzte Plätze in den Rettungsbooten
- Mehr als 1500 Personen im eisigen Wasser, während die Boote in sicherer Distanz warteten
- Nur 2 der 18 Rettungsboote kehrten um
- Eine festgehaltene Tatsache: Die 1.Klasse Passagiere beschwerten sich über die unzumutbaren Zustände
Auch wir als Kirche sitzen so oft in sicherer Entfernung und sind auf unsere eigenen Bedürfnisse und unser Wohlbefinden bedacht. Vielleicht würden wir ihnen helfen, wenn ein paar Leute zu uns herüberschwämmen, aber zu ihnen gehen? Dabei werden nicht nur unsere Komfortzonen herausgefordert – es liegt völlig außerhalb unseres Bezugsrahmens, weil wir unsere Identität so gründlich vergessen haben.
Rettungsboote existieren, um Menschen zu retten. So auch die Kirche. Wir warten unsere Rettungsboote, wir lackieren sie, wir dienen den Menschen in ihnen und halten sie in gutem Zustand und veranstalten Kartenveranstaltungen, aber wir verwenden sie nicht für den Zweck, für den sie geschaffen wurden. Jedes Besatzungsmitglied, das es wagen würde, das Leben auf dem Rettungsboot zu stören, wird schnell einen Chor von Beschwerden von denjenigen Passagieren hören, die es ablehnen, in irgendeiner Weise belästigt zu werden.
Was ist die Mission der Kirche? Um diese Frage zu beantworten, wenden wir uns den letzten Versen des Matthäusevangeliums zu, der Passage, die als Missionsauftrag bekannt ist:
Darum geht und macht alle Völker zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Und siehe, ich bin mit euch alle Tage bis zum Ende der Welt. (Matthäus 28,19−20)
Jesus gab seiner entstehenden Kirche vier Aufgaben: gehen, machen, taufen und lehren. Ein finites Verb ist immer das grammatikalische Scharnier eines Satzes, und Partizipien sind Verbalsubstantive, die, obwohl sie einen Satz qualifizieren, letztendlich nur in Bezug auf das finite Verb einen Sinn ergeben. Was wählst du: gehen, machen, taufen oder lehren?
Hier ist die Antwort: Das finite Verb ist „machen“ – wörtlich „mache Jünger“. Diese Aufgabe ist das eigentliche Herzstück des Missionsbefehls und um die Jüngerschaft drehen sich alle anderen missionarischen Aspekte der Kirche: das Hingehen, das Taufen und das Lehren.
Wir haben eine reiche didaktische Tradition und sind bekannt für unsere Schulen und Einrichtungen. Wir lehren. Wir wissen, wie man tauft und Sakramente zu feiern sind. Aber unsere pastorale Schwäche, die Aufgabe, mit der wir am meisten zu kämpfen haben, ist die, die den Kern des Auftrags Christi an die Kirche ausmacht: Jünger zu machen.
Ein Jünger/Schüler zu sein, bedeutet, ein Lernender zu sein, sich an einem lebenslangen Lernprozess von und über Jesus zu beteiligen. Es ist ein Prozess des Wachstums. Es sind die Mitglieder unserer Kirchen, die berufen sind, Jünger zu machen. Aber die meisten sind selbst noch keine Jünger geworden.
Ein weiteres Hindernis für diese Aufgabe besteht darin, dass es als völlig optional und nicht wesentlich angesehen wird, ein erwachsener Lernender im Glauben zu sein.
Tatsache ist, dass sich die Regeln geändert haben. Wir haben nicht mehr die kulturellen Stützen, die wir früher hatten und die soziale Strömung hat sich gegen uns gewendet. Die einzige Lösung für die Zukunft besteht darin, zu dem zurückzukehren, was Jesus vor 2.000 Jahren von uns verlangte: nicht nur Gläubige oder „praktizierende Katholiken“ zu machen, sondern Jünger.
Das Zeugnis des Lebens muss an erster Stelle stehen, aber es muss dazu führen, dass das Evangelium verkündet wird. Ohne Taten werden unsere Worte von unserer postmodernen, postchristlichen Gesellschaft nicht geglaubt. Aber ohne Worte werden unsere Taten nicht verstanden. Der Apostel Petrus sagt:
„Seid immer bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn euch andere nach der Hoffnung fragen, die euch erfüllt.“ (1Petr 3, 15)
Wir bestehen noch zu oft darauf, das neue Spiel nach den Regeln der Vergangenheit zu spielen. Wir haben in den letzten 50 Jahren den schnellsten sozialen Wandel in der Menschheitsgeschichte erlebt, Dennoch bestehen wir in der Welt unserer Kirchen auf pastoralen Methoden, die vergangene Idealkulturen voraussetzen. Was daraus resultiert, ist eine Erfahrung des Gefangenseins.
Es ist Wahnsinn, immer wieder dasselbe zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. Der Schmerz wird verstärkt für diejenigen, die die Kirche lieben und wirklich glauben, dass es nicht so sein muss – dass es Gottes Wille ist, dass die Kirche gesund ist und wächst.
GEBET
Ich will heute beten, mein Gott,
für Deine Kirche und ihre Hirten,
denn Angst und Sorge erfüllen so viele Christen,
viele resignieren und wenden sich ab.
Ich bete für eine mutige und dienende Kirche,
die den Menschen in ihren Nöten nahe ist,
die Barmherzigkeit und Bescheidenheit vorlebt,
die nicht Angst vor Machtverlust hat.
Ich bete für eine offene und sich erneuernde Kirche,
die eigene Fehler sieht und bekennt,
die glaubwürdig und wahrhaftig ist
und die Einheit aller Christen herbeiführt.
Amen.