- Manche Leute wurden geboren, um für ihre Eltern zu sorgen. Sie haben diese Pflicht nicht freiwillig übernommen; sie haben sie geerbt. Auch diese Menschen nennt man mitabhängig (kodependent). Sie haben früh im Leben gelernt, dass sie für ihre Eltern verantwortlich sind, die in kindischen, unverantwortlichen Beziehungsmustern gefangen waren. Wenn sie dann erwachsen werden, haben sie es schwer, zwischen sich selbst und ihren unverantwortlichen Eltern Grenzen zu setzen. Jedes Mal, wenn sie versuchen, ein eigenständiges Leben zu führen, kommen sie sich egoistisch vor. Die Bibel lehrt, dass erwachsene Kinder für ihre altgewordenen Eltern sorgen sollen. »Ehre die Witwen, die echte Witwen sind. Wenn aber eine Witwe Kinder oder Enkel hat, so sollen diese lernen, zuerst im eigenen Hause fromm zu leben und sich den Eltern dankbar zu erweisen; denn das ist wohlgefällig vor Gott« (1 Tim 5,3−4). Es ist gut, unseren Eltern gegenüber dankbar zu sein, und ihnen für das, was sie für uns getan haben, etwas zurückzugeben. In diesem Zusammenhang tauchen aber oft zwei Probleme auf. Erstens kann es sein, dass die Eltern nicht wirklich in Not sind. Es kann sein, dass sie unverantwortlich oder fordernd sind oder sich wie Märtyrer benehmen.
- Um sich zu verändern, müssen Sie diese »Familiensünden« erkennen und sich von ihnen abwenden. Diese Haltungen sind – pauschal gesprochen – wie eine tiefsitzende Sünde, von der es umzukehren gilt, um sich zu verändern. Der erste Schritt in der Aufstellung von Grenzen ist es, Ihnen alte Familienmuster, die sich noch bis in die Gegenwart erhalten haben, bewusst zu machen.
- Die Bibel sagt, dass sich Kinder unter der Autorität der Eltern befinden, bis sie erwachsen werden (Gal 4,1−7). Die Eltern sind wirklich für sie verantwortlich. Aber sie sind schließlich erwachsen – egal, ob mehr oder weniger –, können zur Rechenschaft gezogen werden, sie streifen die Aufsicht von Vormündern und Verwaltern ab und sind für sich selbst verantwortlich. Christen begeben sich in eine neue elterliche Beziehung mit Gott als Vater. Gott lässt uns nicht verwaist, sondern nimmt uns in seine Familie auf. Zahlreiche Stellen im Neuen Testament lehren, dass wir unsere Loyalität zu unserer Ursprungsfamilie aufgeben müssen und uns von Gott adoptieren lassen sollen (Mt 23,9). Sehr oft gehorchen wir nicht Gottes Wort, weil wir geistlich noch nicht »zu Hause ausgezogen sind«. Wir haben das Gefühl, dass wir noch unseren Eltern gefallen und die Dinge auf ihre traditionelle Weise tun sollen, anstatt unserem himmlischen Vater mindestens ebenso gut zu gehorchen (Mt 15,1−6). Wenn wir ein Teil von Gottes Familie werden, wird der Gehorsam ihm gegenüber manchmal Konflikte mit unseren Familien verursachen und auch zu Trennungen führen (Mt 10,35−37). Jesus sagt, dass unsere geistlichen Bindungen die engsten und wichtigsten sind (Mt 12,46−50). Unsere wahre Familie ist Gottes Familie.
- Gott hat die Familie als eine Art Inkubator geplant, in dem wir die Reife, Fähigkeiten und Werkzeuge entwickeln, die wir brauchen. Wenn der Inkubator seine Arbeit getan hat, dann muss der junge Erwachsene dazu ermutigt werden, das Nest zu verlassen und mit der Außenwelt in Verbindung zu treten (1. Mose 2,24). Er muss jetzt eine eigene geistliche und emotionale Familie gründen.
- Wenn Sie keine anderen »besten Freunde« haben als Ihre Familie, sollten Sie einen scharfen Blick auf diese Beziehungen werfen. Sie haben möglicherweise Angst vor Trennung und der Entwicklung einer eigenen Persönlichkeit, davor, ein eigenständiger Erwachsener zu werden. Aber wenn Sie Ihr Leben führen wollen, brauchen Sie auch die Fähigkeit, es zu führen.
- »Werden Sie schuldig«. Sie werden Ihrem elterlichen Gewissen ungehorsam sein müssen, um gesund zu werden. Sie werden Dinge tun müssen, die richtig sind, Ihnen aber Schuldgefühle verursachen. Setzen Sie Grenzen.
DAS FRÜHWARNSYSTEM
- Emotionen oder Gefühle haben eine Funktion. Sie sagen uns etwas. Sie sind ein Signal. Unsere »negativen« Emotionen können uns vieles über uns selbst sagen. Angst sagt uns, der Gefahr auszuweichen, vorsichtig zu sein. Traurigkeit sagt uns, dass wir etwas verloren haben – eine Beziehung, eine Gelegenheit, eine Idee. Zorn ist auch ein Signal. Wie Angst, so signalisiert auch Zorn Gefahr. Aber anstatt uns zum Rückzug zu drängen, ist Zorn das Signal dafür, dass wir vorwärtsgehen sollten, um der Bedrohung ins Auge zu sehen. Jesu Zorn über die Verunreinigung des Tempels
- Zorn sagt uns, dass unsere Grenzen verletzt worden sind. Ähnlich einem Radarabwehrsystem, dient Zorn als »Frühwarnsystem«, um uns zu warnen, dass wir Gefahr laufen, verletzt oder kontrolliert zu werden.
- Menschen mit reifen Grenzen sind die am wenigsten zornigen Menschen auf der Welt. Obwohl diejenigen, die gerade mit der Grenzen-Arbeit beginnen, ihren Zorn wachsen sehen, geht dies mit dem Wachstum und der Entwicklung der Grenzen auch wieder vorbei. Warum? Erinnern Sie sich an die Funktion des Zorns als »Frühwarnsystem«. Wir empfinden ihn, wenn wir verletzt werden. Wenn Sie die Verletzung Ihrer Grenzen von vornherein verhindern können, brauchen Sie auch den Zorn nicht mehr. Sie haben mehr Kontrolle über Ihr Leben und Ihre Werte.
GEBET
Der HERR ist mein Hirte, nichts wird mir fehlen.
Er weidet mich auf saftigen Wiesen und führt mich zu frischen Quellen.
Er gibt mir neue Kraft. Er leitet mich auf sicheren Wegen
und macht seinem Namen damit alle Ehre.
Auch wenn es durch dunkle Täler geht, fürchte ich kein Unglück,
denn du, HERR, bist bei mir. Dein Hirtenstab gibt mir Schutz und Trost.
Du lädst mich ein
und deckst mir den Tisch vor den Augen meiner Feinde.
Du begrüßt mich wie ein Hausherr seinen Gast
und füllst meinen Becher bis zum Rand.
Deine Güte und Liebe begleiten mich Tag für Tag;
in deinem Haus darf ich bleiben mein Leben lang.
(Psalm 23)