Steigerung des Wohlbefindens, Förderung körperlicher und seelischer Gesundheit, eine Verbesserung von Schlaf, Beziehungsfähigkeit und Beziehungszufriedenheit, ein Schutz vor unterschiedlichen psychischen Erkrankungen, mit einer Steigerung des Selbstwertgefühls und mit einer positiven Beeinflussung von Motivation und Verhalten. Wäre all dies in einer Pille zu erhalten, die Menschheit würde sich darauf stürzen, es würde vermutlich zu Versorgungsengpässen kommen und die produzierende Firma würde selbst die Großen der digitalen Wirtschaft mit ihren Umsätzen übertrumpfen.
Die gute Botschaft hingegen lautet: Es gibt diese Medizin bereits; und die ist viel besser: Sie ist kostenlos erhältlich!
Praktizierte Dankbarkeit lautet das Zauberwort.
Immer wieder gibt es solche Phasen und Abschnitte im Leben: Die Stimmung ist im Keller und Ängste greifen um sich. In solchen Zeiten ist die Ausrichtung auf Kleinigkeiten, auf das scheinbar Selbstverständliche und deswegen vermeintlich Unbedeutende besonders wichtig.
Dankbarkeit fokussiert stets auf das, was ist und nicht auf das, was nicht ist. Sie verzichtet auf den Vergleich mit dem, was noch sein könnte, was mir vermeintlich fehlt oder eigentlich zusteht.
So gelingt es, endlich dem sozialen Ranking zu entfliehen. Nicht die anderen und mein vermeintlicher Mangel, sondern ich und meine augenblickliche Fülle stehen im Fokus. Denn stell dir vor, es geht dir gut und du merkst es nicht.
So hilft Dankbarkeit für Momente oder gerne auch länger mit dem zufrieden zu sein, was jetzt ist; und auszusteigen aus dem Hamsterrad der Hetze und Selbstoptimierung. Es darf auch einfach mal genug sein.
Dankbarkeit fördert außerdem Beziehung. Nicht nur weil geäußerte Dankbarkeit einladend wirkt und mein Gegenüber zu einem ähnlichen Verhalten motiviert, sondern auch weil sie uns mit Menschen auf tiefere Weise verbindet. Denn die Haltung der Dankbarkeit erschöpft ihr Potenzial nicht nur in der Gegenwart, sie lässt sich auch auf Vergangenes beziehen. Die Frage, welcher Person aus meiner Vergangenheit ich etwas verdanke, was ich ihr noch nie mitgeteilt habe, könnte Anlass für einen Dankesbrief oder ein Dankestelefonat.
Man ging lange davon aus, dass Zufriedenheit dankbar macht, weil zufriedene Menschen ja Grund genug hätten, dankbar zu sein. Aber es ist genau umgekehrt! Untersuchungen zeigen: Wer bewusst dankbar ist, wird zufriedener! Das Erstaunliche ist, dass sich dieser Effekt auch schon bei einmal Üben in der Woche einstellt und auch über den Untersuchungszeitraum hinaus erhalten bleibt. David Steindl-Rast, Benediktinermönch und promovierter Psychologe formuliert das so:
»Nicht das Glück ist die Quelle der Lebensfreude, sondern die Haltung der tiefen Dankbarkeit. Jeder Augenblick ist eine Gelegenheit für ein Geschenk und die Dankbarkeit. Das braucht Achtsamkeit. Dankbar leben heißt hellwach leben.«
Es ist also in der Tat alles eine Frage der Perspektive. Dankbarkeit bietet eine lohnende, eine die hilft, das Leben von seiner schönen Seite in den Blick zu bekommen.
Die beste Botschaft der Hirnforschung lautet: Veränderung ist bis ins hohe Alter möglich, weil unser Gehirn neuroplastisch ist. Das bedeutet, dass es sich stets seinen Anforderungen entsprechend organisiert und verändert. Besonders dann, wenn wir etwas mit Begeisterung tun. So lernt auch ein Achtzigjähriger noch eine neue Sprache, wenn er sich in eine Partnerin aus einem anderen Land verliebt hat.
Weil unser Gehirn zwar schnell lernt, aber nicht im Vorbeigehen, lohnt es sich, die kleinen Erfolge und Fortschritte zu dokumentieren und darüber zu reden. Schon 10 bis 15 Sekunden reichen, damit sich neue Netzwerke in unserem Gehirn bilden. Wahrnehmen, Aufschreiben, Nachlesen und Erzählen. Das sind die erforderlichen kleinen Schritte, die es braucht, um eine neue Landkarten in unserem Kopf entstehen zu lassen und zugleich ein zufriedenes Herz wachsen lassen.