Be­zie­hungs­wai­se

Be­zie­hungs­wai­se

Zur Bri­sanz des Films und sei­ner Umstände:
Die ira­ni­sche Re­gie­rung be­leg­te das Re­gie-Ehe­paar, das in die­sem Film mit Ta­bus bricht und eine äl­te­re Frau und ih­ren Wunsch nach ei­nem neu­en Part­ner ins Zen­trum stellt, mit ei­nem Aus­rei­se­ver­bot, so­dass Mog­had­dam und Sanae­e­ha ih­ren Film nicht selbst auf der Ber­li­na­le 2024 vor­stel­len konn­ten. Nach­dem das ira­ni­sche Film­pu­bli­kum jahr­zehn­te­lang nur Frau­en mit Hi­jab – selbst bei der Haus­ar­beit und im Bett – im Kino sah, war es dem Re­gie­duo ein An­lie­gen, end­lich auf die Lein­wand zu brin­gen, wie Frau­en in Iran hin­ter ver­schlos­se­nen Tü­ren wirk­lich le­ben, was sie um­treibt, wo­von sie träumen.
Schau­spie­le­rin Lily Far­had­pour, die ei­gent­lich als Schrift­stel­le­rin und Über­set­ze­rin tä­tig ist und als Men­schen­recht­le­rin und Mit­glied der NGO „Müt­ter für den Frie­den“ be­reits in ei­nem Te­he­ra­ner Ge­fäng­nis fest­ge­hal­ten und ge­gen Kau­ti­on wie­der frei­ge­las­sen wur­de, ging ein gro­ßes Ri­si­ko ein, in­dem sie die Rol­le der Ma­hin annahm.
Drei Mo­na­te, be­vor die jun­ge Kur­din Mah­sa Ami­ni we­gen ei­nes an­geb­lich schlecht sit­zen­den Kopf­tu­ches im Sep­tem­ber 2022 ster­ben muss­te, hat­te die Vor­pro­duk­ti­on des Films be­gon­nen. Und so war es fast zwangs­läu­fig, dass die Re­gis­seu­re noch eine An­spie­lung auf die Kon­trol­len der Sit­ten­po­li­zei in die Hand­lung einschmuggelten.

Lie­bes­sehn­sucht in je­dem Alter:
Ver­lie­ben im Al­ter ist kei­nes­wegs un­mög­lich und ge­nau­so er­fül­lend wie in jun­gen Jah­ren. Die Wis­sen­schaft be­stä­tigt, dass Lie­be und Part­ner­schaft im Al­ter wich­ti­ge Fak­to­ren für das Wohl­be­fin­den und die Le­bens­zu­frie­den­heit sind. Laut der Schwei­zer Psy­cho­lo­gin Pas­qu­ali­na Per­rig-Chiel­lo ist die Part­ner­su­che im Al­ter oft be­wuss­ter und ziel­ge­rich­te­ter, da äl­te­re Men­schen ihre ei­ge­nen Be­dürf­nis­se und Er­war­tun­gen bes­ser ken­nen. Ihre For­schung zeigt, dass emo­tio­na­le Rei­fe und Le­bens­er­fah­rung dazu bei­tra­gen, dass äl­te­re Paa­re oft sta­bi­le­re und har­mo­ni­sche­re Be­zie­hun­gen füh­ren. Das lie­ge vor al­lem an ei­ner ge­üb­te­ren Kon­flikt­be­wäl­ti­gung und ei­ner hö­he­ren Be­reit­schaft zu Kom­pro­mis­sen. Die­se Al­ters­grup­pe legt häu­fi­ger Wert auf emo­tio­na­le In­ti­mi­tät und ge­mein­sa­me In­ter­es­sen als auf äu­ßer­li­che Attraktivität.
Ein wei­te­res zen­tra­les Er­geb­nis ih­rer For­schung ist, dass so­zia­le Netz­wer­ke und Ak­ti­vi­tä­ten, wie z.B. Ver­eins­ar­beit oder Kurs­be­su­che, ent­schei­dend für die Part­ner­su­che im Al­ter sind. Die­se Ge­le­gen­hei­ten bie­ten nicht nur Kon­takt­mög­lich­kei­ten, son­dern auch die Chan­ce, ge­mein­sa­me In­ter­es­sen zu entdecken.
Pas­qu­ali­na Per­rig-Chiel­lo weist dar­auf hin, dass die Her­aus­for­de­run­gen der Part­ner­su­che im Al­ter nicht un­ter­schätzt wer­den soll­ten. Ver­lust des Part­ners, ge­sund­heit­li­che Pro­ble­me und ein ein­ge­schränk­ter so­zia­ler Kreis kön­nen Hin­der­nis­se dar­stel­len. Den­noch zeigt ihre For­schung, dass mit Of­fen­heit, Ge­duld und der Nut­zung von so­zia­len Netz­wer­ken und Ak­ti­vi­tä­ten vie­le äl­te­re Men­schen er­folg­reich neue Part­ner­schaf­ten ein­ge­hen und da­von pro­fi­tie­ren können.

Ver­lie­ben im Al­ter – Un­ter­schie­de zwi­schen Män­nern und Frauen:
Die Part­ner­su­che im Al­ter weist in­ter­es­san­te ge­schlechts­spe­zi­fi­sche Un­ter­schie­de auf. Die­se Un­ter­schie­de be­tref­fen so­wohl die Mo­ti­va­ti­on als auch die Her­an­ge­hens­wei­se an neue Beziehungen.
Män­ner su­chen im Al­ter ak­ti­ver, oft di­rek­ter und ziel­ge­rich­te­ter nach neu­en Part­ner­schaf­ten, sei es durch On­line-Da­ting, so­zia­le Ak­ti­vi­tä­ten oder die Nut­zung von Part­ner­ver­mitt­lun­gen. Ih­nen geht es v.a. dar­um, emo­tio­na­le Nähe und Un­ter­stüt­zung zu fin­den, so­wie um die Be­wäl­ti­gung von Ein­sam­keit. Stu­di­en zei­gen, dass Män­ner nach dem Ver­lust ei­nes Part­ners häu­fi­ger und schnel­ler er­neut hei­ra­ten oder eine fes­te Be­zie­hung eingehen.
Frau­en hin­ge­gen sind eher un­ab­hän­gi­ger und wäh­le­ri­scher bei der Part­ner­su­che im Al­ter. Sie schät­zen ihre Un­ab­hän­gig­keit und sind we­ni­ger ge­neigt, Kom­pro­mis­se ein­zu­ge­hen. Dies kann dar­auf zu­rück­zu­füh­ren sein, dass Frau­en oft stär­ke­re so­zia­le Netz­wer­ke und Freund­schaf­ten pfle­gen, die emo­tio­na­le Un­ter­stüt­zung bie­ten. Dies ist auch der Rah­men, in­dem sie vor­ran­gig nach ei­ner neu­en Part­ner­schaft su­chen. Pas­qu­ali­na Perrig-Chiello:

„Wir se­hen auch im Al­ter eine star­ke Di­ver­si­fi­zie­rung der part­ner­schaft­li­chen For­men. (…) Es gibt auch die­ses ‚Li­ving apart tog­e­ther‘ – er wohnt dort und sie wohnt da. Das wi­der­spie­gelt si­cher­lich die neue ge­sell­schaft­li­che Rea­li­tät, in der wir leben.“

Pas­qu­ali­na Per­rig-Chiel­lo be­tont, dass die­se ge­schlechts­spe­zi­fi­schen Un­ter­schie­de tief in den so­zia­len und kul­tu­rel­len Rol­len ver­an­kert sind, die Män­ner und Frau­en im Lau­fe ih­res Le­bens er­fah­ren ha­ben. Män­ner, die tra­di­tio­nell als Ver­sor­ger wahr­ge­nom­men wer­den, su­chen oft nach Part­ner­schaf­ten, die ih­nen emo­tio­na­le Sta­bi­li­tät bie­ten. Frau­en, die oft als Haupt­pfle­ger und emo­tio­na­le Un­ter­stüt­zer fun­gie­ren, fin­den ihre so­zia­len und emo­tio­na­len Be­dürf­nis­se häu­fig auch au­ßer­halb ro­man­ti­scher Be­zie­hun­gen erfüllt.

Und was sagt die Bi­bel dazu?
Auch wenn sie das The­ma nicht di­rekt im mo­der­nen Sin­ne be­han­delt, las­sen sich doch er­staun­lich vie­le bi­bli­sche Prin­zi­pi­en und Bei­spie­le finden.

1. Lie­be ist le­bens­lang – nicht altersabhängig
Lie­be ist nicht ein kurz­fris­ti­ges Ge­fühl, son­dern eine le­bens­lan­ge Ent­schei­dung für Treue, Für­sor­ge und Hin­ga­be. In Sprü­che 5,18−19 heißt es:

„Er­freue dich an dei­ner Frau, die du als jun­ger Mann ge­hei­ra­tet hast. Lass sie eine Quel­le des Se­gens für dich sein. (…) Be­rau­sche dich im­mer wie­der (…) an der Lie­be, die sie dir schenkt!.“

Hier geht es nicht nur um die Freu­de an ei­ner jun­gen Lie­be, son­dern um die Wert­schät­zung ei­ner le­bens­lan­gen Part­ner­schaft. Wer ge­mein­sam durchs Le­ben geht, darf sich auch im Al­ter an­ein­an­der er­freu­en – in al­ler Rei­fe, Er­fah­rung und Tie­fe. Die­se Lie­be ist nicht an Ju­gend ge­bun­den, son­dern wächst und ver­tieft sich mit den Jah­ren – ge­ra­de auch in schwie­ri­gen Zeiten.

2. Bi­bli­sche Vor­bil­der äl­te­rer Paare
Die Bi­bel er­zählt von Paa­ren, de­ren Be­zie­hung auch im ho­hen Al­ter Be­stand hat:

  • Abra­ham und Sara (Ge­ne­sis 17–18): Trotz man­cher Zwei­fel und Her­aus­for­de­run­gen blie­ben sie ein Paar, das ge­mein­sam Got­tes Weg ging. Ihre Be­zie­hung zeigt: Glau­be, Ver­trau­en und Ge­duld sind tra­gen­de Säu­len ei­ner Part­ner­schaft – ge­ra­de im Alter.
  • Eli­sa­beth und Za­cha­ri­as (Lu­kas 1): Bei­de wa­ren „hoch­be­tagt“ und kin­der­los, doch sie hiel­ten an Gott und an­ein­an­der fest. Ihre Ge­schich­te er­zählt von Hoff­nung, Treue und geist­li­cher Tie­fe – un­ab­hän­gig vom äu­ße­ren Er­folg oder ge­sell­schaft­li­chen Erwartungen.

Die­se Bei­spie­le zei­gen: Ge­mein­sa­mer Glau­be, ge­teil­te Er­in­ne­run­gen und ein Le­ben vol­ler ge­gen­sei­ti­ger Un­ter­stüt­zung ma­chen Be­zie­hun­gen in die­ser Le­bens­pha­se be­son­ders wertvoll.

3. Neu­an­fang im spä­te­ren Le­ben – mit Got­tes Segen
Manch­mal er­öff­net das Le­ben im Al­ter noch ein­mal neue Wege. Die Ge­schich­te von Ruth und Boas (Ruth 4) ist ein sol­ches Bei­spiel. Boas wird als äl­te­rer Mann be­schrie­ben, Ruth ist Wit­we. Ihre Ver­bin­dung ent­steht nicht aus ju­gend­li­cher Ver­liebt­heit, son­dern aus ge­gen­sei­ti­gem Re­spekt, Ver­ant­wor­tung und der Be­reit­schaft, ein­an­der Gu­tes zu tun. Ihre Ehe wird ge­seg­net und steht am An­fang der Li­nie, die zu Kö­nig Da­vid und letzt­lich zu Je­sus führt.

Ob in ei­ner lang­jäh­ri­gen Ehe oder in ei­ner neu­en Ver­bin­dung im spä­te­ren Le­ben – Got­tes Se­gen be­glei­tet uns durch alle Pha­sen der Lie­be. Be­zie­hun­gen im Al­ter sind nicht we­ni­ger wert­voll – sie sind oft ein be­deu­ten­des Zeug­nis von Ge­duld, Hin­ga­be und ge­leb­tem Glauben.

GE­BET
Gu­ter Gott, wir brau­chen Nähe, ech­te Freund­schaft, Lie­be – Men­schen, die uns ver­ste­hen und mit uns durchs Le­ben ge­hen. Dan­ke für die Be­zie­hun­gen, die uns tra­gen, die uns zum La­chen brin­gen und uns Halt geben.
Be­wah­re uns vor Ein­sam­keit, die das Herz schwer macht. In schwie­ri­gen Zei­ten, wenn das Le­ben uns hart trifft – sei du da und hal­te uns.
Stär­ke uns durch die Men­schen, die du uns an die Sei­te stellst.
Wir bit­ten dich für alle, die sich nach ei­nem lie­be­vol­len Ge­gen­über seh­nen – um Ge­duld, Hoff­nung und of­fe­ne Türen.
Gott, sei die Lie­be, die uns ver­bin­det. Sei der Trost, wenn wir al­lein sind.
Sei der Se­gen, der un­se­re Be­zie­hun­gen trägt. In dei­nem Na­men be­ten wir.
Amen.